Nein, danke!

Mal davon abgesehen, daß hier im hohen Norden alles seinen gewohnten Gang geht, man also arbeitet und unterrichtet, hier und da die faulen Ausreden der Schüler in Sachen Zuspätkommen zu Fall bringt, erwischte mich heute früh ein bestimmter Tag im Kalender kalt und hinterrücks. Allerdings hätte mir schon beim morgendlichen Erstehen des Kaffees klar werden müssen, daß etwas in der Luft liegt. Fragte man mich doch, ob ich nicht Kanelbulle zu meinem Kaffee haben möchte, vier Stück wären HEUTE doch so besonders günstig. Nein, danke! In der S-Bahn allerdings sollte das Drama seinen weiteren Lauf nehmen, es roch nämlich nach Kanelbulle. Das tut es morgens eigentlich nie, zumindest nicht so mitten im Berufsverkehr. Heute früh allerdings schien ein jeder dieses verdammte Backwerk bei sich zu haben, und ich reagiere auf Kanelbulle ganz übel. Sie schmecken mir nicht, sie riechen nicht gut; nein, danke! Abartig wurde es dann in der Schule, meine Schüler kamen mir doch tatsächlich mit Kanelbulle entgegen, grinsend und diese fröhlich durch Eßtätigkeiten vernichtend. Man bot mir sogar ein solches Backwerk an; nein, danke! Dann kauft man sich einen zweiten Kaffee, bevor es mit der S-Bahn wieder in Richtung Heimstätte geht, und siehe, sie versuchen wieder, mir diese Dinger anzudrehen, weil eben HEUTE dieser Tag ist, der 1999 offiziell in Schweden eingeführt wurde. Natürlich nicht des Geldes wegen, welches die Backindustrie durch den heutigen Tag extra verdient, sondern um dieses Backwerk zu schützen und zu fördern, die Traditionen der Schweden galt es zu retten (auch wenn meiner Ansicht nach genau dieses Backwerk nun eigentlich nicht auf die Liste der vom Aussterben bedrohten nordischen Backrezepte gehört hätte). Überall Kanelbulle, selbst die Lektüre der Zeitung wird zum Albtraum, Anzeigen mit dicken fetten Kanelbulle überall. Die Supermärkte übertreffen sich mit den HEUTIGEN Preisvorteilen beim Mehrkauf, die vorliegende Art und Weise spielt keine Rolle: gefroren aus der Tüte, halbfrisch aus dem Regal oder fast noch heiß in der Backwarenabteilung. Und so versuchte man dann auch bei meinem örtlichen Supermarkt den Verkauf eines solchen Backwerkes an mich; nein, danke – Ich hasse Kanelbulle!

Ich bin wahrscheinlich der erste und letzte Deutsche, der diesen Tabubruch wagt und Kanelbulle haßt, und dies frank und frei der Umwelt mitteilt. Sicher, ich muß nun damit leben, daß in meinem örtlichen Supermarkt Verwirrung herrscht, weil ich ein [fast] nationales Kulturheiligtum in die Ecke gepfeffert habe, das Personal hält mich nun mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit für einen Kulturbanausen. Aber was soll man machen, wenn man mit einer Zimtschnecke am Zimtschneckentag nichts anfangen kann und mag?

Kanelbulle, Fotograf: Bengt Olof Åradsson
Kanelbulle, Fotograf: Bengt Olof Åradsson

Kanelbulle am Kanelbullens dag – nein, danke!

8 Gedanken zu „Nein, danke!“

  1. Katja, ich befürchte nur, die wirst Du dann aber geschwind essen müssen, sonst sitzt du den ganzen Abend alleene da 🙂

    renke, ob man das dann aber noch Kanelbulle nennen darf??? Dennoch sollte der Vorschlag mal einer praktischen Prüfung unterzogen werden … Alk geht in Schweden ja IMMER.

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  2. Ultralecker und riechen, das genau sind die beiden Komponenten, die bei mir nicht funktionieren 🙂 Naja, vielleicht kann ich ja mal so ein Exemplar auf die Ö verfrachten bzw. der Katja in Berlin in der Kneipe auf den Tisch legen 🙂

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