Too far away …

Zwar ist es im Moment eine denkbar ungünstige Zeit zum Reflektieren, aber ich stelle eben fest, daß ein Jahr Beziehung, die ja nun deutlich ihr Ende gefunden hat, abstumpft. Nämlich immer dann, wenn man eigene Bedürfnisse des lieben Friedens willen zurückstellt. Dabei kommt dann zwangsläufig der eigene Geschmack unter die Räder, und siehe da, man hört sich stundenlang Kate Bush, Nina Hagen und Milva an. Was an sich ja nicht schlimm ist, wäre man nicht mit der elektronischen Musik aufgewachsen, wie mir das passiert ist. Und wenn man nicht immer absolute Ablehnung erfahren hätte, wollte man ein bißchen Bewegung in die Hütte bringen. Schließlich hat man sich das Gegenteil ja auch angehört. Too far away …

Nun denn, er ist wieder, wenn man das mal so flapsig ausdrücken darf, da und Berlin kann sich in zwei Wochen frisch machen, die Abfahrt ist viel zu lange her!

Löschmittel in Pulverform!

Herrje, du ahnst es nicht! Da wähnt man sich in der Mitte Schwedens im Friede-Freude-Eierkuchen-Rausch, fernab von weltpolitischen Kämpfen mit harten Bandagen – so sind ja Brief- und Paketbomben wieder schwer im Kommen, abgeknallt werden hier ja nur zuweilen ein paar Elche und jährlich ein paar Wölfe [ich bin dagegen!], und dann haut es Dich aus dem Sitz. Wenn man nämlich am gestrigen Tage, so gegen die Mittagszeit war es wohl, unbedarft die Webseiten der hiesigen regionalen Dalarnas Tidningar besuchte, welche mit >>> einer Meldung aufwartete, die unverhohlen und hysterisch ins Gesicht des Lesers hopste:

Explodiertes Paket in einer Poststelle in Borlänge!
Hat der Terror Dalarna erreicht?
War es eine Anthraxbombe mit Milzbranderregern,
die plötzlich explodiert ist?

Hui, die Welt in Dalarna hörte auf sich zu drehen und in Borlänge eilte die Panik in die Stadt, ein bißchen Weltuntergangsstimmung eben. Die Mitarbeiter in der Poststelle mußten, husch husch, unter die Dusche, eine Expertengruppe in bombigen Sachen wurde eilends aus Stockholm angefordert, der Busverkehr im Stadtteil Södra Backa kam zum Erliegen, die Anwohner fühlten sich ihres Lebens nicht mehr sicher. Und Dalarnas Tidningar haut auf die Paniktrommel … schickt sogar einen Reporter mit einem Aufnahmegerät an den Platz der Detonation, und ruft schon ein Bombendrama in den Wald.

Puff!

Tja, was soll ich sagen. Beim Lesen dieser Meldung habe ich mir ernsthaft Gedanken um meine Wohnortwahl gemacht. Wenn nun also schon Paketbomben mit Milzbranderregern nach Dalarna geschickt werden, [ wo wie gesagt normalerweise nur Elche und Wölfe, hier und da mal auch ein Bär, hops gehen, wo eigentlich nur das Verschwinden von Kätzchen Muschi der Aufreger des Tages ist, wo weder Ministerpräsidenten noch anderes politisches Getier hausen, wo nicht mal Atomkraftwerke zum Sprengen einladen] dann ist es hier nicht mehr sicher, ich bin nicht mehr sicher. Oder einfach nur verwirrt, dem könnte ebenso sein. Das gilt es noch zu reflektieren. Oder lieber nicht, Abgründe? Wie auch immer, verwirrend war das journalistische Gemetzel allemal, sanfte Seelen unter den Lesern werden wohl am gestrigen Tage nach dem Verdauen einer solchen Meldung schlapp gemacht haben – Dalarna versinkt im Terror.

Puff puff!

Wie schade [und peinlich für Dalarnas Tidningar], daß es nur ein schnöder Metallbehälter, unter Druck stehend, war, der da gestern in der Poststelle, eine Sortierstelle übrigens, vor sich hin gaste und puffte und ploppte, und sein Löschmittel in Pulverform nicht mehr bei sich halten konnte. Ich glaube, wir nannten so was früher einen Feuerlöscher, in Dalarna ist es im Zweifelsfall erst einmal eine Anthraxbombe, immer und grundsätzlich. Weil wir eben der Nabel der Welt sind. Und weil Terror in Dalarna so viel bewirkt.*

Und so unter uns: Es soll hier nicht zur Gänze ausgeschlossen werden, daß sich auch mal so ein Bombenpäckchen nach Dalarna verirrt, ob nun vorsätzlich oder irrtümlich. Aber vielleicht könnte man mit der Panikmache und dem Buschtrommelalarm so lange warten, bis man auch ernsthafte Erkenntnisse und Indizien für ein Bombendrama hat?

Ansonsten alles chic hier, man lebt eben noch … und rauscht dann am morgigen Tage in die Hauptstadt. Ein bißchen Abwechslung scheint vonnöten, ich bin heute doch glatt in einen falschen Bus eingestiegen, als die Rückfahrt vom Unterricht an der Svärdsjöskolan anstand. Anstatt nach Falun fuhr er mich nach Sundborn, mit meiner Zustimmung. Das kommt eben davon, wenn man im Kopfe bombig beschäftigt ist.

Schönes Wochenende!

*[PS. Es versteht sich von selbst, daß einerseits Leserkommentare kein gutes Haar an dieser „hochqualitativen journalistischen“ Arbeit lassen, und daß andererseits Dalarnas Tidningar die Artikel inzwischen teilweise gelöscht bzw. erheblich in Wortwahl und Schlagzeileninhalt entschärft hat. Allerdings, wie der Artikel unter dem Link oben zeigt, besteht man auch nach des Rätsels Lösung weiterhin auf Terror und Anthraxbomben.]

(kulturelle) Rückkehr!

So, nach einem Monat Pause und Urlaub vom Blog, mir war danach, und der Feststellung, daß im Staate Schweden einiges nicht ganz richtig läuft – wir hatten am heutigen Morgen 2°C plus und Regen, meine ehemalige Niederlassung Jena meldete zum gleichen Zeitpunkt 9°C minus – wird nun auch der Blog wieder aus dem Winterschlaf geholt. Allerdings sachte und mit Bedacht, die Welt geht hier ja in Falun bekanntlich nicht unter. Und bevor ich wieder den alltäglichen Wahn um Küchensauberheit und Ruhezeiten im Studentenwohnheim öffentlich an dieser Stelle reflektiere, warte ich heute einfach mal mit Schonkost auf.

Ein kleiner filmischer Beitrag – beste Kultur eben, der mich hier und da an meine Küche in F-down erinnert. Was Niklas Lundberg aus Umeå (sehr dunkel ist es da im Moment) zusammen mit Studienkollegen >>> auf die Beine gestellt hat, untermauert auf der einen Seite den eingangs erwähnten Hinweis, daß hier wohl einiges nicht richtig läuft, auf der anderen Seite jedoch haben die Jungs unheimlich Erfolg mit ihrer kulinarischen Küchenschlacht, Schweden steht sozusagen kollektiv mit der Axt in der Küche. – Ach ja, Schweden eben … –


>>> Regular Ordinary Swedish Meal Time auf YouTube

PS. Beim nächsten mal gehen wir dann wieder gewohnt ruhig zur Sache!

(zugtechnische) Chaostage!

Wunderbar, im Moment fühle ich mich leicht angeheitert, als würde ein Hörbuchmärchen in einer Endlosschleife laufen. Man erinnert sich vielleicht an das Chaos bei der Deutschen Bahn Ende 2008/Anfang 2009, als unzählige ICE-Zuge mit Neigetechnik >>> aus dem Verkehr gezogen wurden, weil Risse an den Rädern festgestellt wurden, nachdem ein ICE mitte 2008 >>> bei Köln entgleist war. Noch besser ist freilich das immer noch nicht aufgelöste S-Bahn-Chaos in Berlin, welches seinen Anfang nahm, als eine S-Bahn nahe der Station Kaulsdorf im Mai 2009 >>> entgleiste, weil ebenfalls Probleme mit den >>> Rädern vorlagen, auch hier wurden Risse entdeckt, natürlich nach dem Unfall. Gelöst ist der >>> Knoten bis heute nicht.

Nun trug es sich zu, daß am 1. Oktober dieses Jahres ein Zug der schwedischen Statens Järnvägar (SJ), befindlich auf dem Weg nach Schweden, im norwegischen Skotterud >>> entgleiste, dabei waren auch Verletzte zu beklagen. Wer nun bisher aufmerksam gelesen hat, kann nun gern auf eine andere Seite wechseln, der sollte den kommenden Abgesang nämlich kennen. Denn plötzlich wurde im Zuge der Untersuchung des genannten Unglückes festgestellt, daß der Zug auf Grund eines Radbruches entgleist sei, und so entschied man sich >>> am heutigen Nachmittag, bestimmt durch die Staatliche Havariekomission, daß unzählige Personenwagen in die Werkstatt müssen, um überprüft zu werden. Dabei geht SJ davon aus, daß Reisende vor allem am heutigen Nachmittag und am Sonntag mit Chaos auf Schwedens Schienen rechnen müssen. Verspätungen laufen inzwischen auf, so wurde ein Zug nach Falun gestrichen, mein Zug nach Stockholm steht im Moment vor Avesta-Krylbo und bewegt sich auf Grund eines verspäteten Gegenzuges nicht. Teilweise wird in Stockholm schon wieder mit Verspätungen jenseits der vier Stunden operiert. Zudem wird, so scheint mein Gefühl, mit verminderter Geschwindigkeit gefahren.

Ich sollte natürlich dankbar sein, daß mein Zug überhaupt fährt, allerdings schaut man meinerseits nun leicht besorgt auf den Montag. Sollte alles so klappen, wie es sich gehört, komme ich um zehn Uhr morgens in Borlänge an, so daß ich um halb zwölf wieder die Deutschkanone rausholen kann [ein Scherz]. Läuft alles schief, was man selbst bei SJ noch nicht weiß, könnte der Montag ein durchaus spannender Tag in meinem Leben werden.

Ach ja, und da leiert die Schallplatte weiter vor sich hin, es scheint fast so, als wollte sie sagen: Reißende Zugräder aller Länder vereinigt Euch.