Auf Schritt und Tritt.

In Deutschland wird ja in Bezug auf die Einführung des Google-Dienstes >>> Street View noch heftig >>> diskutiert und >>> gestritten, in Schweden allerdings scheint der Dienst mehr oder weniger heimlich still und leise Einzug gehalten zu haben. Denn besuchte ich neuerlich einmal mehr das hiesige >>> Google-Maps, welches ich zugegeben schon des öfteren hier angewandt habe, um zu entdecken, daß neben unserer Hauptstadt Stockholm auch das relativ kleine Falun Eingang in Googles totale Ablichtung von ganzen Regionen gefunden hat. Die Überraschung meinerseits war zwar nicht ausufernd groß, allerdings war sie latent vorhanden. Geht man davon aus, daß in Deutschland Googles Projekt bisher nur in den Medien als riesiges Schreckgespenst existiert, kann ich für Schweden konstatieren, kaum eine öffentliche Diskussion über den virtuellen Stadtplan mit Besuchsfunktion gefunden zu haben. Daher konnte man, wenn man sich auf die Medien verließ, nicht damit rechnen, in den lokalen Nachrichten Wind davon zu bekommen, daß Google Street View nun auch für den heimischen Garten verfügbar wäre. Wahrscheinlich liegt dies aber in der schwedischen Grundeinstellung der Gesellschaft, daß ein jeder fast alles über den anderen herausbekommen kann, ich nenne an dieser Stelle nur einmal als Beispiel das Gehalt. Möchte ich wissen, was mein Nachbar im Jahr verdient und an Steuern bezahlt, so sind nur wenige Klicks im Internet notwendig, um ganz legal an diese Informationen zu gelangen. Daher sind die Schweden offensichtlich auch nicht bestürzt darüber, daß man ihnen unverblümt in den heimischen Garten schauen kann, Onlineverfolgung auf Schritt und Tritt eben.

Ich selbst stehe dem, zwar schon reichlich aber noch nicht vollkommen „försvenskat“, natürlich nicht unkritisch gegenüber, auch wenn ich manch dramatische Auswüchse in Deutschland nicht ganz verstehen kann. Es wirkt schon komisch, schreit einer, der sein Leben in Blogs, Foren und bei sozialen Netzen wie Facebook zur Gänze ausbreitet, plötzlich nach Datenschutz, wenn das Google-Auto mit der Kamera auf dem Dach bei ihm vorbeifährt.

Ich glaube, viel umfangreicher will ich das Ganze nicht kommentieren, zumindest nicht hinsichtlich der Diskussionen. Wer nun dennoch einen kleinen Blick auf Falun wagen will, dem seien ein paar Bilder von Google Street View hier vorgestellt, wobei anzumerken sei, daß Google es kaum geschafft hat, die besten Seiten von Falun zu zeigen. Das liegt einerseits daran, daß man nur die Hauptstraßen abgefahren und fotografiert hat, andererseits müssen die Bilder im Frühling entstanden sein, die Natur schwächelt nämlich arg auf den Bildern. Aber von sowas soll man sich ja nicht abhalten lassen, es kommen sicher bessere Zeiten. Den virtuellen Stadtrundgang kann man trotzdem wagen, man möge einfach ein bißchen mit der Maus im Bilde herumspielen … es sollte das Vorwärtskommmen erleichtern. Ärgerlich allerdings ist, wie ich in einem Selbsttest soeben zur Kenntnis nehmen durfte, daß Opera offenbar leichte Probleme hat, eine korrekte Darstellung der Google-Einbettung vorzunehmen, mit Firefox funktioniert es aber reibungslos, der Internet-Explorer verweigert hier und da seine Mitarbeit. Schöne neue Medien-Welt!


View Larger Map
Falun – Lugnet. Mit Blick auf das Scandic-Hotel, dahinter die Högskolan und natürlich die Schanze von Falun.


View Larger Map
Falun – Bojsenburg. Sichert das Überleben der meisten Studenten hier und sieht doch ganz vertraut aus …


View Larger Map
Falun – Britsarvet. Das alles geliebte Wohnheim „Britsen“.


View Larger Map
Falun – Centrum. Schön ist natürlich was anderes, aber Schandflecken sollen ja auch in anderen Städten vorkommen …

(Massen-) Verkehrsmittel in Falun.

Es ist doch recht drollig zu lesen, was Architekten so alles in und mit Falun vorhaben, vor allem in Hinblick auf den öffentlichen Personennahverkehr. Im Moment kommt unser kleines Städtchen, das (aber sehr) knapp 37.000 Menschen ein Zuhause bietet, mit einem Bahnhof aus, der zwei durchgehende Hauptgleise hat. Zudem besitzen wir, dies erstaunt meine Gäste immer wieder, ein Busnetz, das hauptsächlich von vier Hauptlinien gesponnen wird. Zwei von diesen Linien sind, ich nenne das einfach mal so, im Berufsverkehr im 15 Minutentakt unterwegs, und ja, die Hütte könnte dann voll sein. Am Wochenende allerdings sieht es schon recht düster aus, am Samstag kommt man eventuell noch zwei mal in der Stunde öffentlich vorwärts, am Sonntag bedeutet ein zu spätes Erreichen der Haltestelle eine Stunde Wartezeit. Darüber hinaus gibt es noch Bedarfslinien, die unter Woche hier und da mal durch die Gegend gedüst werden, von einem rechten Takt sollte man aber nicht sprechen, schick sehen sie am Wochenende allenfalls auf den Fahrplänen aus.

Es sollte also angebracht sein, spricht man von einer Grundversorgung in Sachen ÖPNV, die freilich weit entfernt vom Massentransport in Großstädten wie Stockholm, Berlin oder Rom ist. Umso erstaunlicher ist nun der Vorschlag einiger Architekten, auf der einen Seite die Högskolan Dalarna von Lugnet ins Stadtzentrum zu holen, was natürlich nichts mit dem öffentlichen (Massen-)Transport zu tun hat, und auf der anderen Seite im Zuge dessen einfach mal eine Straßenbahn in Falun einzurichten. Richtig gelesen, eine Straßenbahn soll nach Vorstellungen dieser Architekten, auf Schwedisch nachzulesen bei >>> Dalarnas Tidningar, auf den Gleisen der ehemaligen Güterbahn Grycksbo – Falun (- Hosjö) entlangrauschen und die Massen von einem Dorf durch die Stadt ins andere befördern.


Visa Straßenbahn Grycksbo – Falun – Hosjö på en större karta

Das wäre, wenn der Vergleich gestattet ist, also ungefähr so, als flöge man zwischen Erkner und Velten halbstündlich mit dem Airbus A380 hin und her, natürlich mit Zwischenstop in Oranienburg.

Nun denn, früge man mich, was die Architekten wohl kaum tun werden, plädierte ich, wenn wir schon ein Massenverkehrsmittel brauchen, dafür, bei Siemens und Bombardier anzufragen, ob nicht auch ein ICE in Falun durch die Gassen gejagt werden könnte. Daß die Züge winterfest sind und auf Faluner Gleisen nicht ihre Radreifen verlieren, setzte man natürlich voraus, auf dem Testgelände Deutsche Bahn AG haben sich ja klitzekleine Mängel dahingehend eingestellt, bei der dritten Generation der ICEs, die hier sicher zu einem Zusammenbruch des ÖPNVs führen würden.

Trefflich sollte nun ein altes Sprichwort sein: Schuster, bleib bei deinen Leisten. Allerdings scheint es dafür keine Übersetzung ins Schwedische zu geben. Eine Straßenbahn in Falun wäre einfach nur ein kleines bißchen Größenwahn mehr, reihte sich dann aber anstandslos hinter die >>> neun Schanzen ein, die Falun, soweit ist der Entscheidungsprozeß schon (wenn nicht ein Bürgerbegehren noch einschreiten kann), bald sein Eigen nennen darf.

Ob ich das noch erleben werde?

Zu viel des Guten

Heute nun mußte auch Schweden, eigentlich wintererprobt und recht robust, vor den weißen Massen in die Knie gehen, was vor allem Bahnreisende schmerzlich zur Kenntnis nehmen durften, Verspätungen über 8 Stunden waren heute nicht die Ausnahme, wie z.B. im Bahnhof der Metropole Göteborg:

Ausriß Banverket.se --> Trafikinfo ankommande Göteborg
Ausriß >>> Banverket.se –  Trafikinfo ankommande tåg Göteborg (2010/02/20)

In Stockholm beliefen sich die Verspätungen auf immerhin rund drei bis fünf Stunden bei den Fernzügen, allerdings waren auch dort mehrere mit über sieben Stunden verspätet. Die Züge nach Falun kamen zwar ebenso nicht recht vorwärts, hielten allerdings ihre Verspätungen bei ca. drei Stunden noch in Grenzen.

Ausriß sl.se 2010/02/20
Ausriß www.sl.se 2010/02/20

Nicht wesentlich besser erging es dem Nahverkehr in der Hauptstadt. Stockholms U-Bahn (tunnelbana) und S-Bahn (pendeltåg) verkehrten teilweise mit über anderthalb Stunden Verspätung, teilweise wurde der Schienenverkehr ganz eingestellt, wobei die (Ersatzverkehr-) Busse angesichts der Schneemassen, die vom Himmel wehten, kaum besser vorankamen.

Auch die wenigen straßenbahnähnlichen Verkehre vor allem in die Vororte der Hauptstadt Schwedens wurden stundenlang gar nicht befahren, weil hauptsächlich Weichen zugefroren waren und die Technik den Schneemassen nichts mehr entgegensetzen konnte.  Rundum kann man also mitteilen, daß auch in Schweden deutsche Verhältnisse eingezogen sind, wir erinnern uns einfach der >>> Chaostage bei der Berliner S-Bahn oder des >>> ICE-Fiaskos bei der Deutschen Bahn.

Bedauerlichweise hat das Schneeunwetter auch zu zahlreichen Problemen geführt, so sind unter anderem mehrere Hallendächer in sich zusammengebrochen, was am gestrigen Tage einen Menschen in Südschweden das Leben kostete. Außerdem brach mancherorts die Stromversorgung zusammen.

In Falun hat das Unwetter bisher keine größeren Schäden angerichtet, auch wenn der Wind den Schnee inzwischen gefährlich hoch auftürmt und die Landschaft nur noch ein nicht enden wollendes Weiß ist, das jeglichen Kontrast aufsaugt und hinunterschluckt. Nach nunmehr 20 cm Neuschnee sollten wir bis Sonntag, solange soll es hier weiter schneien, die Rekordhöhe von einem Meter Schnee erreicht haben. Wird diese Marke nicht gerissen, bleibt uns das nächste Unwetter, welches aus Polen kommend in der Mitte kommender Woche wüten soll und laut >>> SMHI ein Potential für weitere 30 cm Neuschnee in sich birgt. Sicher allerdings ist noch nicht, wann genau es eintreffen wird, merken sollten wir es jedoch auf jeden Fall.

Ein paar Bilder vom Schneechaos in Schweden können >>> hier und >>> dort abgerufen werden, ich selbst bin gespannt, was das Tageslicht am morgigen Tage bei – 17°C bereit hält … es stürmt, kracht und rieselt nämlich weiterhin vor meinem Fenster.

Ein kleines bißchen Größenwahn!

Obschon es im Lande der Elche und Trolle normalerweise recht ruhig und bedächtig zugeht, wird in Falun neuerdings aufgemuckt und protestiert, was damit zu tun hat, daß der Kommune hier hochfliegende, und dies darf man wörtlich nehmen, Pläne in den Sinn gekommen sind, welche auf der einen Seite völlig unnötig erscheinen, auf der anderen gar größenwahnsinnig.

Bisher hat Falun geblutet, finanziell versteht sich, bewarb es sich doch für die >>> Nordischen Skiweltmeisterschaften im Jahre 2013. Dafür hat man im >>> Sportpark Lugnet, in welchem unter anderem zwei Schanzen untergebracht sind, ein neues Besucherzentrum eröffnet, die Infrastruktur auf einen neuen Stand gebracht und hier und da ein bißchen kosmetisch herum gebastelt, bis heute kann man sich über den Erfolg natürlich streiten. Bekommen haben wir die Meisterschaften leider nicht, der Zuschlag ging nach Italien. Es sollte aber nicht verwundern, denn gerade die Schanzenanlage und entsprechende technische Einrichtungen liegen seit dem letzten internationalen Wettkampf im >>> März 2002 (Nachtspringen) brach, die Unterhaltung der Lifte und Treppen sowie der Schanze und der Landefläche wurde gänzlich eingestellt. Daß man damit eine Bewerbung zur Austragung der Meisterschaften nicht aufpolieren kann, scheint logisch, und so wird im Jahre 2013 das italienische Val de Fiemme Gastgeber sein.

Geschlagen gibt sich Falun aber nicht, nun wird gezielt die Austragung für 2015 ins Visier genommen. Allerdings scheint man im Rathaus noch nicht so richtig verstanden zu haben, wie man das Problem der verlotterten Schanzen in den Griff bekommen könnte. Der normale Mensch würde sich wahrscheinlich daran machen, die Technik wieder instand zu setzen. Faluns Politik hingegen möchte unbedingt für rund 26 Millionen Schwedische Kronen, was ungefähr 2,6 Millionen Euro entspricht, noch ein paar Felsen in Lugnet in die Luft sprengen, um somit Platz für drei weitere neue Schanzen zu schaffen. Wie das ungefähr aussehen könnte, hat schon mal >>> Dalarnas Tidningar (DT) in einer Fotomontage erschaffen. Man stellt sich im Rathaus vor, eine K-60-, eine K-35- und eine K-15-Schanze in den Berg zu hauen, in einem >>> Artikel von DT führt man an, daß dies vor allem im Hinblick auf die Bewerbung zur Nordischen-Ski-WM von äußerster Wichtigkeit sei. Verwunderung löst dies aber deshalb aus, weil Falun nicht nur zwei Schanzen in Lugnet hat (eine K-115- und eine K-90-Schanze), sondern dazu auch noch vier in Kvarnberget, die, selbstredend, in einem erbärmlichen Zustand sind, weil man hierfür einfach kein Geld mehr ausgeben mochte. Es handelt sich dabei übrigens um eine K-47-, eine K-30-, eine K-15 und eine K-8-Schanze, in Bezug auf die Größen also entsprechenden derer, die man noch schnell in den Felsen rammen will.

Ganz übel wird es nun, wenn man ins Felde führt, daß die >>> Falu Kommun im Moment auf Grund von finanziellen Engpässen  Schulen en masse schließt, und so ist es gar nicht verwunderlich, daß Eltern von Schulkindern der Västra Skolan, die zum Ende des Schuljahres dichtgemacht werden soll, der Politik am Donnerstag bei einem Krisentreffen einerseits Größenwahn vorwarfen und andererseits die Kompetenz absprachen. Zudem wird in den Foren von DT massenweise revoltiert und gefragt, wozu man eigentlich noch Steuern zahlen würde, wenn die Kommune das Geld für überschwenglichen Unsinn und eben nicht für das Gemeinwohl einsetzte.

Ich selber halte mich derweil etwas bedeckt, denn bezahle ich zwar Steuern, habe sie bisher aber meistens nach der Steuererklärung wieder zurück bekommen. Jedoch paßt wohl nicht ganz zusammen, daß man Geld für Bildung spart, wenn es doch woanders dazu eingesetzt wird, um die Schanzendichte in Falun auf ein Rekordhoch zu bringen. Denn baute man die drei anvisierten Schanzen, hätte Falun dann summa summarum NEUN Möglichkeiten, um sich mit rasender Geschwindigkeit in die Luft zu begeben. Wer dann alles da runterspringen soll, bleibt bei der Megaanzahl fraglich, ein bißchen Größenwahn eben.