Deutscher Bahn sei Dank!

Platzprobleme auf dem S-Bahnhof Alexanderplatz, mitten im Herzen Berlins? Wohl nicht, gleicht er doch eher einem Geisterbahnhof …

2009/07/21 Berlin Alexanderplatz (S-Bahn)
2009/07/21 Berlin Alexanderplatz (S-Bahn) – (fehlende) Menschenmassen

Dafür wissen wir Berliner nun wieder, was eigentlich Solidarität heißt, schließlich wird uns ja bundesweit kräftig unter die Arme gegriffen, um das >>> S-Bahn-Chaos halbwegs in den Griff zu bekommen …

2009/07/21 Berlin Alexanderplatz (Regionalbahn)
2009/07/21 Berlin Alexanderplatz (Regionalbahn) – Ein S-Bahndoppelstockwaggon der Rostocker S-Bahn hilft, um die Menschenmassen mit Hilfe des Regionalverkehres durch die Stadt zu bekommen. Außerdem schon gesichtet: Doppelstockwaggons aus Schleswig Holstein sowie S-Bahnzüge aus München und Stuttgart.

Und ganz zum Schluß: Auch wenn ich heute eigentlich auf dem Weg zum Flughafen Schönefeld nicht durch die Innenstadt gemußt hätte, führe denn alles, war dieser Umweg auf Grund der eingestellten S9 notwendig und bescherte mir eine Reisezeit von knapp 80 Minuten, normal wären es 40 gewesen. Man kann einfach nur fassungslos zugucken und staunen, wie MOBIL die Deutsche Bahn AG eigentlich einen macht!

Fast (danebengelegen).

Aber eben nur fast. Nach mehr als >>> zwei Wochen S-Bahn-Chaos in Berlin, einer recht halbherzigen Auswechslung der Führungsebene bei der S-Bahn Berlin GmbH, täglich neuen Fahrplänen und Beteuerungen, alles werde wieder chic, nahm man dann heute zur Kenntnis:

>>> S-Bahn stürzt Berlin ins Chaos
Tagesspiegel online

>>> Ost-West-Verkehr der S-Bahn wird eingestellt
Berliner Zeitung online

>>> Chaos verschärft sich – S-Bahn stellt Betrieb auf der Stadtbahn ein
Berliner Morgenpost online

Das gab es bisher nur bei Streiks oder kriegsbedingt: Zweieinhalb Wochen lang wird von Montag an keine S-Bahn zwischen Ostbahnhof und Zoo fahren – aus technischen Gründen.

>>>Tagesspiegel online „Keine S-Bahn mehr zwischen Zoo und Ostbahnhof“ (2009/07/16)

So wird also ab Montag das Herzstück der Berliner S-Bahn, die Stadtbahn, zwischen Zoo und Ostbahnhof abgehängt, Linien ins Umland werden stückweise eingestellt, und der Fahrgast guckt in die Röhre. Davon abgesehen, daß ein solcher Vorgang einmalig in Deutschland sein sollte, also daß ein Verkehrsbetrieb sehenden Auges soweit runtergespart wird, daß er seiner originären Aufgabe nicht mehr nachkommen kann, passiert in der Berliner Politik rein gar nichts. Man hört und sieht nichts, auch wenn die halbe Stadt im Verkehrsinfarkt verreckt. Da kann man dem rot-roten Senat wirklich auf die Schultern klopfen und Herrn Wowereit gratulieren. Nun haben wir einen Haufen Modemessen und Mega-Events in Berlin, aber keinen, der die Menschentrauben dorthin bringt. Oder vom Flughafen abholt, denn Schönefeld wird ebenso komplett vom S-Bahnverkehr ausgesperrt.

Der Alexanderplatz ohne S-Bahnrumpeln … Berlin, wie haste dir vaändert???

Eine Sache der Vorstellungskraft!

Ich habe es ja schon geahnt und befürchtet, der Titel >>> Und tschüs, S-Bahn! könnte unter Umständen nicht von ungefähr sein, allein die Vorstellungskraft, Berlin, Möchtegern-Weltstadt, würde ohne S-Bahn dastehen, reichte bisher nicht aus. Das könnte nun dieser Tage eine Änderung erfahren, denn unkt der Tagesspiegel inzwischen:

S-Bahn droht völlige Einstellung des Verkehrs

[…] Der Senat sieht keine Möglichkeiten, hier einzugreifen.

>>> Tagesspiegel-Online, Meldung vom 08/07/2009 (letzter Abruf: 08/07/2009)

Na dann, ich schlage vor, wir machen nun alle gemeinsam unsere Äuglein zu und versuchen einfach, uns vorzustellen, wie so eine Welthauptstadt denn ohne fünfzehn S-Bahnlinien funktionieren könnte, der Senat von Berlin möge sich doch bitte auch anstrengen. Sollte die gemeinsame Vorstellungskraft nicht ausreichen, schlage ich einfach einen Ortstermin zur direkten Ansicht vor – früge man mich, ich gäbe der S-Bahn noch eine Woche …

Und keiner ist es gewesen!

Und tschüs, S-Bahn!

Also, das Thema S-Bahn Berlin hatten wir auf diesem Blog schon mal >>> hier, und >>> hier und auch noch >>> hier.

Der neueste Streich von der S-Bahn-Berlin GmbH kann dann als Film >>> hier abgerufen1werden. Bemerkenswert: Geschäftsführer Tobias Heinemann kann nicht erklären, warum die S-Bahn Berlin GmbH die Sicherheit gezielt und bewußt gegen die Wand fährt. Anders formuliert: Es wird wohl schon nichts schief gehen, wenn Wartungsintervalle der Fahrzeugflotte um tausende von Kilometern überschritten werden, auch wenn dahingehend Auflagen vom Eisenbahn-Bundesamt und eigene Verpflichtungen diesem gegenüber existieren. Noch nie habe ich, wie in dem Film oben gesehen, einen Geschäftsführer erlebt, der so fantastisch seine eigenen Mitarbeiter, die Fahrgäste und die Öffenlichkeit im Allgemeinen, ich kann es nicht anders titulieren, verarscht, obschon das Eisenbahn-Bundesamt klipp und klar >>> mitteilt, daß die S-Bahn-Berlin GmbH ihrer gesetzlichen Pflicht eines sicheren Betriebes nicht nachgekommen ist. Wahrscheinlich muß in Berlin erst ein Zug während der Fahrt auseinanderfallen und Fahrgäste in den Tod reißen, bis bei der S-Bahn Berlin hier und da die Alarmglocken klingeln, was dann wahrscheinlich zu spät wäre und unter „zu Tode optimiert“ abgelegt werden könnte. Erschreckend an dieser Stelle, und das sei hier explizit erwähnt, ist der Umstand, daß, so hat es den Anschein, alle bei der S-Bahn Berlin wissen, daß der ganze Laden nicht nur vor die Wand gefahren wurde, sondern eigentlich schon durch ist. Nur die Ebene der Geschäftsführung verweigert sich dieser Erkenntnis. Umso erstaunlicher ist es, daß die meisten S-Bahner hier in Berlin bis heute versuchen, dem Laden Schwung und Qualität zu geben, wie man >>> hier sehen kann (das FORUM sollte da ganz interessant sein).

Wer nun immer noch nicht genug hat, hier ein bißchen regionale Presse:

>>> Berliner Morgenpost

>>> Tagesspiegel

>>> Berliner Zeitung

PS.
Die S-Bahn Berlin GmbH hat dazu offiziell am gestrigen 29. Juni 2009 natürlich nichts zu sagen, wie die Übersicht ihrer >>> Pressemitteilungen eindrucksvoll vermittelt.

1 = Der Beitrag von der Abendschau (29. Juni 2009, gesendet um 19.30 Uhr) ist online nicht mehr verfügbar. Der damalige Geschäftsführer der S-Bahn Berlin GmbH Tobias Heinemann weigerte sich hartnäckig die Frage des Moderators zu beantworten, wieso die S-Bahn gegen Auflagen des Eisenbahn-Bundesamtes verstoßen hat (die Frage wurde insgesamt dreimal gestellt). Die Links der regionalen Zeitungen oben geben aber Auskunft über die Geschehnisse am besagten 29. Juni 2009.