Jag vet inte!

Ich habe es gewußt und geahnt und gefühlt – Bachmanns ICH besuchte mich während des Schlafes, und raubte ihn mir sofort und ohne Umschweife. Und damit, meine Damen und Herren, war es das dann auch für mich – schlaflos in Falun sozusagen. Es waren drei, eigentlich nur 2:55 Stunden Schlaf. Und deswegen weiß ich nichts, sehe nichts, höre nichts.

Denn ich bin fix und alle, abgeschossen sozusagen. Was für ein Tag, und vor allem, um es mal primitiv auszudrücken, was für eine großartige Scheiße. Es reichte nicht, daß Schlaf fehlte und die Welt heuer hinter einer Nebelwand lag, Geräusche nur noch gedämpft die Ohrmuschel erreichten und die britseninterne Kommunikation, die also hier im Studiwohnheim, auf Englisch gar nicht so recht klappen wollte, weil das schlaftrunkene Hirn seinen Dienst verweigerte. Es reichte auch nicht, daß mein PC mal wieder einen windowsspezifischen allergischen Schock erlitt und mit einem berühmt berüchtigten Bluescreen seinen Abgang machte. Es reichte auch nicht, daß die großartig angekündigten Bücher bei der Bibliothek auf Grund eines Dispatcherfehlers nicht da waren, und ich so also 3 km umsonst zur Halle der Bildung hier in Falun pilgerte. Es reichte auch nicht, daß ich mein Sprachtandem gerade so über die Bühne bekam, denn wie schon bei der britseninternen hakt es auch bei der externen Kommunikation auf Schwedisch mächtig. Nein, das alles reichte nicht. Ganz und gar nicht. Mit nicht endenwollenender Freude, sozusagen einer nicht versiegbaren, nahm ich dann zur Kenntnis, was ich gestern abend schon ahnte: das elektronische Mitteilungssystem der Uni ist mal wieder zusammengebrochen und hat den Hintern in die Luft gestreckt. Danke IT-Avdelningen Högskolan Dalarna, danke. Das vierte Mal in zwei Wochen. Danke! Ich ahnte es schon gestern, verweigerte Thunderbird doch beharrlich die Kontaktaufnahme mit dem zuständigen Server, heute mittag war es dann auch Thema auf der >>> Uniseite. Am Mittag, nach mehr als zwölfstündiger Störung. Da ist denen wohl ein Lämpchen aufgegangen. HERRJE!

Sicher, normalerweise sollte ein Ausfall eines elektronischen Mitteilungssystems keinen Weltuntergang bedeuten. Und normalerweise interessierte es mich auch nicht, nicht die Bohne. Aber, die Högskolan Dalarna ist die Uni in Schweden, die den höchsten Grad an Fernstudienplätze besitzt. Und da meine Kurse Deutsch Linguistik und Deutsch Literatur Fernstudiengänge sind, bin ich verdammt noch mal darauf angewiesen, daß der ganze Mist hier funktioniert!!! Denn, schöne neue Welt, die Studenten sind angehalten, ausschließlich die von der Uni vergebenene Email-Adresse zu nutzen. Und ausschließlich die Email-Adressen der Lehrer zu nutzen, die auf dem Uniserver liegen. So, und was für ein Problem tut sich da nun auf??? Richtig, keinerlei Kommunikation ist möglich. Danke IT-Avdelningen, danke. Wenn das nun wieder drei vier Tage so läuft, oder eben nicht, dann gute Nacht Stundenplan. Und Abgabeplan. Und Prüfungsplan.

Ach, allet chic, allet chic. Dann kommt hier auch noch ein neuer Flurbewohner angerauscht, aus Bangladesh, der dann ausgerechnet mich als ersten trifft. Mich. Obschon ich doch heute nichts weiß. Und wo denn die Hochschule wäre (ich habe auf einen Stadtplan verwiesen), wie man an die Grundausstattung bezüglich Bett und Schlaf käme (ich habe auf Hemköp verwiesen), wie man neue Freunde fände (Pardon?), wie man … usw. und so fort.

Bahhhh. Was für ein Tag. Und dann liest man auf >>> SJ, die Bahn in Deutschland würde streiken, der Expressen droht mit Streiks der Flughafenmitarbeiter u.a. auf Arlanda während der gewaltigsten Reisezeit des Jahres, vor Weihnachten – ich werde dann wohl schwimmen, die Buspreise sind mal wieder teurer geworden (blöderweise schon im Aug., habe es aber erst heute mitbekommen) und eigentlich hätten wir schon Winter, meint zumindest >>> SMHI.

I am feeling so real! Also Christa Wolf wird heute in die Ecke gestellt, ihr „Medea“ wird umdisponiert. Der Versuch einer Kommunikation mit Berlin gelingt wohl hoffentlich recht bald und fix, denn ich bin müde, schlecht gelaunt und von der Rolle. Naja, um mich für das Überleben des heutigen Tages selber zu belohnen, habe ich mir eine neue Pflanze angeschafft, also käuflich beim Hemköp erworben, es ist eine >>> Zamioculcas zamiifolia. Angeblich soll sie sehr pflegeleicht und vor allem nicht so versoffen sein. Darüber hinaus sollen Pflanzen ja positiv auf das Gemüt wirken. Was ich dann auch hoffe. Sie, also die neue Pflanze, ist umgetopft, und nun soll sie zusehen, daß sie gedeiht und wächst, sonst gibt es Feuer unter den Wurzeln.

So sieht das aus. Meinen Tag morgen plane ich nun einfach mal nicht. Keine Lust. Ausschlafen werde ich. Lange und intensiv. Und Kaffee trinken, was ich heute nicht gemacht habe, vielleicht aber besser hätte tun sollen? Vet jag inte. Und Frau Bachmann ist erstmal kaltgestellt. Keine Lust. Ich werde dafür jetzt meine verpaßten Folgen von Dr. House angucken – da wird nicht erst gemeint und geahnt und gefaselt und gedönst, nein, dort werden Fakten geschaffen. Eller hur? Und dann: Gute Nacht Welt aus Falun! Vi ses!

9 Gedanken zu „Jag vet inte!“

  1. Oha, darauf freue ich mich schon, auch wenn dies noch ein Weilchen dauern wird. Und dabei habe ich doch eigentlich so viele schöne Bücher – nur leider liegen die in einem Umzugkarton in Berlin und schreien förmlich nach Beachtung meinerseits. Arme Dinger die!

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  2. Ja, Herr Renke,

    ich sehe, auch Sie wissen es
    und haben sich auch von den Damen Schriftstellerinnen davon noch nicht abbringen lassen:
    Die Hoffnung stirbt zuletzt!

    Und, versprochen, spätestens,
    wennse wieder ganz selber und alleine darüber bestimmen dürfen,
    was Sie unbedingt lesen müssen, weil nämlich lesen WOLLEN,
    denn is allet jut!

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  3. Ja, das ist schon wahr, ich gebe es zu! Aber gemütlich ist die ganze Sache trotzdem nicht.

    Wenn ich mich recht erinnere, ist die Dame auch in der Liste. Außerdem hatte ich letztes Semester schon die Ehre, Jellinek zu verdauen. Allerdings habe ich den Titel vergessen – fühlte mich aber zuweilen an „Stopfkuchen“ erinnert, der dann den Wunsch produzierte, doch wieder Effi Briest lesen zu dürfen, so sehr stand ich der Verzweiflung nahe 😉

    Es kann nur besser werden, nicht wahr?

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  4. Bleibense stark, Herr Renke!

    Das Seminar „Deutschsprachige Frauenliteratur des 20. Jahrhunderts“ mag ein hartes Brot sein…

    …aber gebense es zu:

    Gegen „Wilhelm Meisters Lehrjahre“ vom ollen Goethe
    oder gar die TanderadeiGedichtes des Mittelalters
    hat diese Frauenliteratur doch geradezu die leichte Verdaulichkeit von Semmelbröseln!

    Falls allerdings auch noch Jellinek vorgesehen ist…

    dann Tanderadei!

    🙂

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  5. whis42per, ich stimmte Dir einfachmal ganz pauschal zu! Denn, steht der Mond helle am Himmel stehe ich im Bett. Selbst verdunkeln Wolken das Firmament, ich weiß, daß er da ist.

    Und was Kassandra angeht, sie steht schon hier auf dem Plan, als zweites Werk von Frau Wolf. Nächstes Wochenende dann. Frau Wolf im Wochentakt also, sozusagen. Mich grault es. Man kann nichts machen! Viele Grüße!

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  6. Tja, lieber Herr Renke,
    sone Tage gibbet!

    Besonders dann, wenn sich der Mond zur Fülle rundet.
    Wobei dieser Zusammenhang wissenschaftlich immer bestritten wird,
    von mir aber jederzeit empirisch belegt werden kann!

    Da machste nix.
    Oder jedenfalls nicht viel.

    Pflanze kaufen war zumindest schonmal eine sehr gesunde Reaktion!
    Grün beruhigt die Nerven…und außerdem….warum soll man an solchen Tagen ganz allein die Blätter hängen lassen??

    Naja,
    nu wissense ja, wo se immer genug frischen Kaffee finden!
    Und noch ein leckeres Häppchen zu demselben.
    Und die eine oder andere aufmunternde Ansprache auch.

    Ach, und was Frau Wolf und „Medea“ angeht…
    ich würde ja an Ihrer Stelle,
    so ganz spontan und falls möglich,
    „Kassandra“ vorziehen.

    Aber auch das vielleicht besser erst übermorgen!
    😉

    Lieben Gruß!
    🙂

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  7. Huhuuuuuu Renke,

    heute ist ein neuer Tag, und heute sieht doch schon wieder alles gaaaaaanz anders (vorzugsweise: viel besser) aus, oder?

    Kleiner Tipp, wenn Dir nach literarischen Aufheiterungen ist: Arto Paasilinna! Oder sind finnische Autoren in Schweden ein Don’t?

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  8. Och Renke,

    da tust du mir doch echt leid.
    Aber tröste dich, ich kenne so Tage, wo einfach nichts so läuft, wie es soll.
    Morgen wird alles schon viel besser aussehen, vorausgesetzt, du bist ausgeschlafen.
    LG

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