Aufgeklatscht! extended version

So, nach gut 12 Stunden Schlaf, tausenden von Schneeflocken mehr, will ich nun doch schnell mal aufklären, warum gestern alles aufregend, zum Aufregen und zum Erlegen war, ein kleiner, ich meine aber auch feiner Reisebericht – Renke auf dem Weg gen Norden.

Ich hatte freilich, wie ich das immer mache, das wahrscheinliche Flugwetter für die Strecke Berlin – Stockholm abgerufen, und es war mir also Mo abend schon klar: Renke, Frühstück fällt wieder aus. Kein Essen, keinen Kaffee, nicht mal einen Tee. Nach einer schlaflosen Nacht, einem etwas zermatschten Auge, und dönsig in der Birne sowieso, fuhr mich Muttern (und hier ein großer Dank dafür) zum Flughafen, der erstaunlich leer war, was aber nicht davon ablenken soll, daß Berlin Tegel der, wir drücken es nun mal unflätig aus, beschissenste Flughafen in ganz Deutschland ist. Zumindest von der Architektur her und was die Verwendungsfähigkeit im tgl. Leben angeht. Aber egal, da ich am Abend schon im Internet meinen Check-in vornahm, freute ich mich umso mehr, daß der Schalter „baggage drop“, also der für die, die schon einen Einsteigeschein (Bording card) haben und nur noch Gepäck aufgeben müssen, schön leer war. Und so trat ich mich Angstschweiß vor die nette Dame, dünkte es mich, ich hätte Übergepäck, mal wieder. So war es auch, 3 Kilo. Anstatt mich nun höflich entweder zu bitten, nachzuzahlen bzw. freundlich darauf hinzuweisen, daß bitte beim nächsten mal die 20 kg nicht überschritten werden, kam nur: „Herr Braun, beim nächsten mal nicht. Passen sie auf!“ Obschon ich einen völlig nüchternen Magen hatte, wurde mir unmittelbar hierauf übel. Ganz übel. Wähnte ich mich beim Militär und nicht bei einer Fluglinie, bei der ich zudem Vielflieger bin. Ich meinte dann nur noch zu ihr: „Zu Befehl“ und ging von dannen, fühlte mich jedoch leicht an Neukölln erinnert. Naja. Zum Aufregen eben.

Die Sicherheitskontrolle sollte dem Ganzen an Spaß keinen Abbruch tun. Wie kann der Renke nur verlangen, er will seine „Strickjacke“ nicht ausziehen, weil er nur noch ein knappes Shirt drunter hätte. Das war zu viel – man zog das volle Programm auf. Mein Handgepäck fuhr durch die Durchleuchtung, ich selber ging durch dieses Dingsdabums, was natürlich piepte. War ja klar. Und dieses Handsuchdingsdabums piepte auch, ständig und überall – obschon ich keinen Gürtel hatte, keine Uhr, keine Nägel im Körper, keine metallenen Schuhspitzen und vor allem keine „Glocke“ oder ein „Hufeisen“ im Schritt, denn hier ging das Piepen in einen schrillen Ton über!!! Ne. Da war mir dann schon alles vergangen. Nu denn, also Schuhe aus, in die Kabine und Jeans runter, und es piepte trotzdem. Ich vermute an dieser Stelle, die Tante am Eingang der Sicherheit hat, nachdem ich eigentlich meine „Strickjacke“ lieber anbehalten wollte, einen Knopf gedrückt, auf dem ganz groß „Putsch-Alarm“ steht. Aber irgendwann durfte ich mich wieder ankleiden und dachte nun, ich kann weiter. Aber nein, als ich das Handgepäck wieder an mich nehmen wollte: Bitte zur Nachkontrolle. Woran störte man sich??? An meinen Rumkugeln!!! Sie wären eine Emulsion und müßten raus! Die ganzen 10 Tüten müßten weggeschmissen werden. Tja, ich bin dann einfach nicht explodiert, sondern habe nett aber bestimmt darauf hingewiesen, daß eine Emulsion (Argument der Sicherheit) nach der chemischen Definition nicht vorliegt, denn der Inhalt der Rumkugel ist alles andere als flüssig. Und da ich noch sehr viel Zeit hatte, bat ich darum, mir das entsprechende Gesetz vorzulegen, in welchem steht, daß teigähnliche Stoffe nicht in ein Flugzeug mitgenommen werden dürften. Weiterhin erklärte ich denen, daß ich vorsorglich darauf hinweise, verpaßte ich meinen Flug durch das dumme Verhalten der Sicherheit, kriegten sie eine Rechnung. Die dann nicht billig wäre. Und ich meinte, ich überlegte, dies auch öffentlich zu gestalten. Ich denke, meine Haßzeitung Nr. 1 wäre bestimmt daran interessiert gewesen, zu vermelden: Passagier wegen Rumkugel festgesetzt.

Ende vom Lied war dann, daß ich pünktlich um halb elf gen Stockholm abhob. Und wie man schon an den Fotos sehen konnte, eigentlich war das Wetter auf dem Flug gar nicht so schlecht. Die Wolken waren tief unter uns, keine Gewitter in Sicht und bis zur Ostsee war auch alles chic. Auf den Monitoren wurde ein lauer Gegenwind mit 30 km/h angezeigt, es war einfach alles friedlich. Bis Usedom. Denn zunächst stieg der Wind auf 100 km/h an und man merkte zusehends, daß wir dem Wind seitswärts ausgeliefert waren. Denn anhand der Flügel in Relation zum Boden sah man: wir rollten. Meint also, wie auf einem Schiff senkten wir uns immer wieder zur Seite. Wenn dann die Windgeschwindigkeit mit einem Male von 100 auf 170 km/h hochschnellte, also in einem Stück, dann rollten wir und begannen zudem mit leichten Bewegungen um die eigene Achse. War halt wie im Auto, man kennt das ja, donnert man auf der Autobahn und hat plötzliche Änderungen des Windes. Tja, und über Bornholm kam dann auch noch vertikale Bewegung dazu. Rollen, drehen und hüpfen. Die anderen Passagiere waren zuweilen nervös, vor allem wenn uns wieder eine Windwelle besonders hart traf, weil es dann heftige Seit- und Abwärtsbewegungen gab, ich selber vergnügte mich mit dem Fotoapparat und las – Langoliers von Stephen King. Was soll man auch machen. Sicher, die Knallgeräusche sind nicht schön, und wenn die Flugbegleiter mit dem Service nicht hinterherkommen, weil ihnen der Wagen fast immer davonfährt, auch nicht schön. Und wenn die Flügel bald nach oben abgeklappt werden, aufregend. Aber, das ist immer so. Zumindest über der Ostsee. Ich rege mich nicht mehr auf. Wer vor einem solchen Flug etwas ißt, der ist eben selber Schuld. Sehr unschön, das muß nun auch ich zugeben, war dann der Landeanflug. Die Sicht in Stockholm war minimal, die Piloten haben bis zuletzt nach Instrumenten gelandet, was eigentlich kein Problem ist, wie man aber weiß, sind dicke fette Wolken die Ursache Nr. 1 für Turbulenzen. Und die hatten wir nicht zu knapp. Die Winde da drinnen müssen übel gewesen sein, mal heulten die Motoren auf, als setzten wir zum take-off an, dann wieder war nichts, außer das Scheppern und Hüpfen und Knallen, naja, und dann waren wir aufeinmal auf dem Boden. Allerdings nicht auf der Mitte der Landebahn, eher ziemlich weit rechts, denn unmittelbar nach der Landung ging es nach links, eklige Querbeschleunigung. Auf der anderen Seite: man soll ja merken, daß man fliegt, meint zumindest der Kalle immer.

In Stockholm lief alles glatt, ich schaffte sogar meinen InterCity um kurz nach 13 Uhr und wähnte mich schon bald in Falun. Kurz hinter Uppsala allerdings, auf eingleisiger Strecke, im Niemandsland, knallte es auf einmal gewaltig, die Lichter gingen aus und wir standen. Eine Minute später ging das Licht wieder an, der Triebzug setzte sich wieder in Bewegung, und dann das Ganze von vorn: Knall, Licht aus, stehen. Wir versuchten das dreimal, und dann gab der gestreßte Lokführer bekannt, wir hätten ein Triebfahrzeugschaden, und nun stünden wir erstmal. In diesem Moment kam mir der Gedanke des Erlegens in den Sinn. Irgendwas erlegen. Ich wußte nur nicht was, oder wen. Vielleicht auch einfach nur anzünden. Denn ich wollte doch eigentlich nur nach Hause!!! Ende vom Lied: Nach ca. einer Stunde, es wurde unterdessen immer kälter, weil wohl das elektronische System beschädigt war und daher die Klimaanlage alles andere tat, als zu wärmen, kam endlich eine kleine Rangierlok aus Uppsala, die uns rückwärts abschleppte und in den Bahnhof von Uppsala brachte. Hier wartete schon ganz ungeduldig ein X2000 (sowas wie der deutsche ICE), der laut Fahrplan eine halbe Stunde hinter uns hätte gen Falun fahren sollen, in den wir dann gnädigerweise umsteigen durften, jedoch nicht ohne den Unmut der dort sitzenden und wartenden Passagiere abzukommen. So wurde ich doch wirklich gefragt, ob wir uns hätten nicht beeilen können! Ich entschuldigte mich höflich und antwortete, daß ich weder ein Lokführer sei noch der Triebzug sich durch mein Bitten und Beten davon abbringen ließ, nicht mehr zu fahren, und ergänzte, ich werde die Beschwerde aber gern an die Maschine des Schadzuges weiterreichen. Und dann war Ruhe.

Wie man also sieht, es war anstrengend. Alles war anstrengend. Und als ich dann mit zweistündiger Verspätung in Falun ankam, war ich erledigt. Dies schützte mich allerdings nicht davor, daß mein Nachbar Daniel mich umarmend empfing. Und daß ich noch einkaufen mußte. Und überhaupt. Ich sage Euch, nach dem Abendbrot bin ich einfach nur ins Bett gefallen und schlief „som en sten“ – wie ein Toter. Umso schöner, das kann ich noch schnell berichten, war es, als ich dann heute mittag aufwachte: dicke fette Schneeflocken.

Und nun werde ich „entpacken“ und sortieren, und etwas an die frische Luft gehen, allerdings auch nicht zu viel tun, ich muß noch ein bißchen Kräfte sammeln. Und morgen geht es dann in die Uni, es stehen ja noch Probleme an, die im Dezember nicht mehr gelöst werden konnten. Und das kann heiter werden.

In diesem Sinne, bis später!

9 Gedanken zu „Aufgeklatscht! extended version“

  1. Erna, dit macht allet nischt. Wie gesagt, einfach alles festhalten, ein gutes Buch dabei, und wenn die Nachbarn zucken, dann heißt es: Dit klatscht gleich 🙄 😆 🙄

    Susanne, ich weiß auch nicht, warum die sich bei 3 Kilos so beschissen hatten!!! Und freilich, immer schön grüßen, aber es muß dann auch bittschön Terminal C sein!!! Und was die Rumkugeln angeht: nischt is – alle meine. Nicht eine einzige ist in Berlin geblieben 😯 😆 😯

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  2. Mein Gott, Renke.

    Wenn ich das nächste Mal von Tegel (den ich eigentlich mag) aus fliege, meinste, es macht was, wenn ich die ganzen Dödel vom Sicherheitspersonal von Herrn Braun- Sie wissen schon, der mit Rumkugeln-Übergepäck-Handgepäckkontrolle- herzlich grüße ??

    Bei 3 Kilos zuviel schreit doch kein Hahn !! Möchte nicht wissen, wieviele Mitflieger viel zu wenig Gepäck dabei hatten !!!

    Haben die Rumkugeln denn als Bestechung herhalten müssen ??

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  3. Da kann man ja nur sagen: Wenn einer eine Reise tut….
    Zum Glück leide ich nicht an Flugangst, sonst könnte mich nämlich Dein Bericht davon abhalten, jemals wieder zu fliegen. 🙄 😆 :mrgreen:
    Auf alle Fälle war der Rückflug bestimmt nicht langweilig. 😛

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  4. Öhhh, Laura, findest Du das lustig??? 🙄

    Loni, macht nischt – ich werde es einfach mal korrigieren – und leider noch viel öfter von diesem komischen Flughafen fliegen müssen!!! 😯

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  5. Renke, mir ist es in Tegel auch nicht viel besser ergangen. Ich mußte auch meine Jacke ausziehen (Gürtel hatte ich ahnenderweise gar nicht an), Schuhe wurden gescannt, Lippencreme fuhr extra, weil Liquid (???).

    Aber Tina aus dem rbb-blog mußte in Frankfurt ihre Schuhe ausziehen.

    Ich bin in Frankfurt nicht mal durch das Scan-dingsbums gegangen und niemand hat was dazu gesagt, obwohl es alle gesehen haben !!!

    Versthehe ich zwar nicht, will aber auch nicht :mrgreen:

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