Friesische Karibik – oder einfach nur Föhr!

Jan. 2010 Föhr - Wattenmeer zwischen Nieblum und Goting Kliff
Jan. 2010 Föhr – Wattenmeer zwischen Nieblum und Goting Kliff.

Die ‚Friesische Karibik‘ versteht sich vielmehr als originelle Metapher, die die wichtigsten Stärken unserer Insel gezielt auf den Punkt bringt: weitläufige, weiße Sandstrände, ganz viel sattes Grün, eine windgeschützte Lage und dazu ein durch den Golfstrom begünstigtes Seeklima. Wir zeigen, dass man auf Föhr einen echten Traumurlaub erleben kann.

>>> Sandra Lessau in einer Pressemitteilung der Föhr Tourismus GmbH

Nun endlich habe ich die Zeit gefunden, um ein bißchen zu plaudern und anzugeben und zu zeigen, wie es einem in der Friesischen Karibik erging. Ich selber war ja bisher immer der Meinung, auf eine Insel in der Nordsee zu fliegen, die schlicht Föhr genannt wird (besser: wurde), aber wie schon etwas früher in diesem Blog beschrieben, heißt es nun seit geraumer Zeit offiziell: >>> Aloha – es geht in die Friesische Karibik! Ich weiß zwar bis heute nicht, wie ich die Metapher, die Frau Lessau in höchsten Tönen anpreist, auf meine Reiseerfahrung anwenden soll, aber man will den Leser an dieser Stelle ja nicht gleich mit ins Boot holen, kann er sich doch nun selbst ein Bild von der Friesischen Karibik machen.

Die Anreise in die Friesische Karibik stellte sich als herausfordernd und langwierig dar. Der Abflug um 6.35 Uhr am 10. dieses Monats wurde schon in Stockholm mit rund 45 Minuten zwangsverspätet, da in Frankfurt am Main, meinem Umsteigeflughafen, ein paar Schneeflöckchen den Boden berührten und ein gründliches Chaos erschufen, was dann zur Folge hatte, daß wir noch einmal 35 Minuten in der Luft Verspätung machten, mußten wir doch endlos ein Holding, auch Warteschleife genannt, über Frankfurt ausführen. Völlig erstaunt allerdings war man meinerseits, als man das Holding verließ und die Landung in Frankfurt vollzog, daß von einem Schneechaos nichts zu sehen war. Das Video belegt zumindest, daß weder starker Schneefall noch schwerer Sturm vorherrschten und somit die Frage offen lassen, wieso man in Frankfurt den Winter nicht in den Griff bekommen hat?


2010/01/10 * Approach/Landing EDDF/FRA/Frankfurt (Rhein-Main-Flughafen), rwy 07R * Lufthansa 3007, A321-231, reg. D-AISF „Lippstadt“ * Arriving from ESSA/ARN/Stockholm Arlanda.

Der Anschlußflug nach Hamburg war natürlich weg und es stellte sich langsam aber sicher die Frage, wie man noch rechtzeitig die letzte Fähre vom Festland zur Insel in der Friesischen Karibik erreichen könnte, fände man keinen Platz auf dem nächsten Flug nach Hamburg. Die Bahn war an diesem Tag nämlich schwer geschädigt und mit sich selbst beschäftigt, Verspätungen ohne Ende. Dennoch, das Glück kehrte zu mir zurück, ein Platz auf der Stand-By-Liste als Nummer 32 erwies sich letzten Endes als guter Platz, ich durfte gegen 12 Uhr in einer voller Maschine gen Hamburg Platz nehmen, die jedoch wiederum zwangsverspätet wurde, die Enteisung am Terminal konnte seitens des Frankfurter Flughafens nicht bewerkstelligt werden, so daß wir nach 40 Minuten sinnlosen Wartens einmal quer über den ganzen Flughafen kurvten, um irgendwo am Ende von den Landebahnen 7R und 7L endlich enteist zu werden. Die inzwischen in der Karibik vorgenommen Anstrengungen, mich notfalls irgendwo an der Küste des Festlandes für eine Nacht unterzubringen, schaffte ich die letzte Fähre nicht, konnten damit eingestellt werden und ich meinerseits nach einer heftigen Landung in einem Hamburger Schneesturm meine Anreise mit Aloha gen Karibik fortsetzen, die man dann gegen 20.45 Uhr am Abend erreichte. Demjenigen, der bei Tageslicht anreiste, bot sich ein eisiger erster Eindruck – eben ganz Friesische Karibik.

Jan. 2010 Föhr (Wyk auf Föhr) - Die Fähre
Jan. 2010 Föhr (Wyk auf Föhr) – Die Fähre „Rungholt“ der Wyker Dampfschiffs-Reederei (W.D.R.) ankommend aus Dagebüll.

Dem Besucher der Karibik gelüstet es ja nach seiner Ankunft meistens erst einmal, einen Sprung ins frische Naß, dem blauen, zu vollführen, oder, wenn man dazu auf Grund der langen Anreise zu schwach ist, zumindest dem Strand einen Besuch abzustatten. Gesagt, getan! In der Friesischen Karibik erwartet einen im Januar dann das:

Jan. 2010 Föhr (Wyk auf Föhr) - Wattfläche am Wyker Hafen, recht große Eisschollen.
Jan. 2010 Föhr (Wyk auf Föhr) – Wattfläche am Wyker Hafen, recht große Eisschollen.

Das durch den Golfstrom begünstigte Seeklima sorgt aber nicht nur für weiße Aussichten, sondern fördert auch karibiktypische Aktivitäten. Meinerseits hat man auf Empfehlung seiner Gastgeber zwei neue Hobbys entwickelt: das sog. Eisschollenhüppen und das sog. Hardcore-Ein-Aus-Kleider-Pellen:

Jan. 2010 Föhr - Der Renke auf einer Eisscholle am Strand nahe Goting Kliff.
Jan. 2010 Föhr – Der Renke auf einer Eisscholle am Strand nahe Goting Kliff.

Wie man an obiger Abbildung erkennen kann, besteht das Eisschollenhüppen nicht nur aus dem Hüppen an sich selbst, es ist durchaus auch möglich, ganz entspannt, fast schon luftig bekleidet, die Friesische Karibik zu genießen. Vor dem Hardcore-Ein-Aus-Kleider-Pellen braucht es übrigens keine Angst, nur ein kleines bißchen Zeit und Geduld, und natürlich der Karibik angepaßte Kleidung. Der Beispiel-Renke hat am Oberkörper ganze fünf Lagen aufgelegt (ein T-Shirt, ein Pullover, eine Strickjacke, eine normale Jacke und eine Regenjacke zum Schutze vor dem Wind), der Kopf wird mit einer Wollmütze und der Kapuze der normalen Jacke geschützt (hilfsweise wurde die Kapuze der Regenjacke noch hinzugezogen), der Unterkörper wird immerhin noch mit einer Jeans und einer Regenhose (eine Skihose kann das ganze auf eine Lage begrenzen, je nach Wunsch) abgedeckt, die Füße sind mit einem Paar Wollsocken und darüberliegenden Norweger-Socken in Winterschuhen fast warm aufgehoben, dem Renke gingen leider immer wieder die großen Zehen ab, so daß an dieser Stelle auch der Einsatz von Winterstiefeln in der Friesischen Karibik im Januar empfohlen werden kann! Man sollte natürlich darauf verzichten, mehrmals am Tag in beheizte Örtlichkeiten gehen zu wollen, es könnte viel Zeit für das Hardcore-Ein-Aus-Kleider-Pellen verloren gehen. Schließlich will man dem Eisschollenhüppen intensiv und oft frönen, genug Möglichkeiten werden einem ja geboten:

Jan. 2010 Föhr (Wyk auf Föhr) - Watt vor Wyk.
Jan. 2010 Föhr (Wyk auf Föhr) – Watt vor Wyk.

Wem das Hüppen auf die Dauer zu anstrengend sein sollte, schon allein der tonnenschweren Kleidung wegen, der kann auch ganz einfach die einheimische karibische Natur bewundern, die im Zusammenhang mit dem weißen Zeug interessante Kompositionen ergibt, wenn auch die Größe der typischen Gewächse einer Karibik zu wünschen läßt und daher die Funktion als Schattenspender stark eingeschränkt ist!

Jan. 2010 Föhr - Schnee auf Düne nahe Goting Kliff.
Jan. 2010 Föhr – Schnee auf Düne nahe Goting Kliff.

Wem diese Schattenspender völlig unzureichend erscheinen, dem sei auf der anderen Seite versichert, daß im praktischen Test ihre Anwendung gar nicht notwendig war, die Friesische Karibik zeigte an sechs von fast immerhin sieben Tagen Aufenthalt, daß Sonne nicht unbedingt ein Synonym für Karibik sein muß:

Jan. 2010 Föhr - Verschneiter Deich Höhe Oldsum/Toftum. Dunkel.
Jan. 2010 Föhr – Verschneiter Deich Höhe Oldsum/Toftum. Dunkel.

Was in der Friesischen Karibik übrigens mit weißen Stränden gemeint ist, hat sich mir recht schnell erschlossen, und ich muß sagen, man übertreibt bei der Föhr Tourismus GmbH keineswegs, proklamiert man diese für sich:

Jan. 2010 Föhr - Schnee im Watt vor dem Goting Kliff, weißer Strand!?!
Jan. 2010 Föhr – Schnee im Watt vor dem Goting Kliff, weißer Strand!?!

Allerdings wird einem nicht verraten, daß auch in der Friesischen Karibik das durch den Golfstrom begünstigte Seeklima und der weiße Strand ihren Tribut fordern, nennen wir es mal Kollateralschäden:

Jan. 2010 Föhr - Der weiße Tod, vor dem Goting Kliff.
Jan. 2010 Föhr – Der weiße Tod, vor dem Goting Kliff.

Wem ein solcher Anblick zuwider ist, dem möge gesagt sein: Es ist ein Nehmen und Geben. Dies ist an der Ostsee so, am Atlantik sollte es nicht anders sein, und schon gar nicht in der Friesischen Karibik. Auf der anderen Seite kann man nämlich, so man als kundiger Gast der solchen danach sucht, auch frostige Schönheiten entdecken, die einem als Landratte in einer Großstadt verborgen bleiben (könnten):

Jan. 2010 Föhr - Des Eises Griff im Watt bei Nieblum.
Jan. 2010 Föhr – Des Eises Griff im Watt bei Nieblum.

Und derjenige, der seinem Hintern erlaubt, der Schwerkraft hier und da nachzugeben, was dann also einer Abwärtsbewegung entspricht, der kann sogar ein bißchen in das Reich des Eises vordringen – vielleicht hat sich Hans Christian Andersen beim Schreiben des Märchens „Die Schneekönigin“ durch einen Besuch der Friesische Karibik im Jahre 1844 inspirieren lassen?

Jan. 2010 Föhr - Des Eises Kunst im Watt vor Nieblum.
Jan. 2010 Föhr – Des Eises Kunst im Watt vor Nieblum.

Das also ist die Friesische Karibik, in sechs Tagen erlebt, die Auswahl an dieser Stelle war nun klein, mehr visuelle Eindrücke werden sich in den nächsten Tagen im Fotoarchiv einfinden. Ich weiß nun nicht, ob des Lesers Eindrücke nun auf und ab fahren, läßt man sich noch einmal den Begriff Friesische Karibik auf der Zunge zergehen, bei mir jedenfalls will das Zergehen so recht nicht gelingen. Davon abgesehen, daß ich noch große Kunst im >>> Museum der Westküste erleben durfte, bleibt Föhr für mich einfach nur >>> die Ö; ein Platz zum Ruhen und Besinnen, zum Meer und Natur erleben, vielleicht auch im nächsten Jahr wieder zum Eisschollenhüppen und gegen den Wind ankämpfen. Föhr ist einfach eine Insel in der Nordsee – und für jeden persönlich sicher etwas Anderes, aber muß es denn wirklich gleich die Friesische Karibik sein?

Meiner einer hat sich gern den Hintern abgefroren, um die Nordsee einmal mit Eisschollen sehen zu dürfen, oft kommt so etwas wohl nicht vor. Ich jedenfalls fühlte mich schon eher in der Antarktis denn in der Karibik, eigentlich haben nur noch die Pinguine gefehlt, um das eindrucksvolle Bild vor Ort abzurunden. Insofern war das Winterwunderland Föhr einfach nur eine Wucht.

Jan. 2010 Föhr - Sand und Schnee in Symbiose in der Düne beim Goting Kliff.
Jan. 2010 Föhr – Sand und Schnee in Symbiose in der Düne beim Goting Kliff.

PS. Wer sich die Bilder etwas größer anschauen möchte, einfach reinklicken!

8 Gedanken zu „Friesische Karibik – oder einfach nur Föhr!“

  1. Bericht und Fotos von Renke über „Friesische Karibik“ machen neugierig. Leider gibt es solch einen Winter wie diesmal nur ganz ganz selten. 😥

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    • Fünfzig mal Föhr, also ich gebe zu, damit kann ich noch aufwarten … aber da kann man ja wirklich nur „gratulieren“. Und ja, ich selber war von diesem Winter mehr als überrascht, ich denke, die Nordsee mit Eisschollen zu sehen, passiert nicht oft im Leben! Mir ist es aber generell „wurscht“, welches Wetter gerade die Insel eingenommen hat, Hauptsache man kann raus und abschalten, was ja auf Föhr nun bei Sturm und Regen, bei Schnee und Eis oder Sonne und einem lauen Lüftchen möglich ist.

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  2. Egal, ob „Friesische Karibik“ oder sonstwas, für uns bleibt Föhr einfach Föhr und zwar in diesem Jahr zum 50. Mal!!! Wir lieben Föhr zu allen Jahreszeiten. 😛

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