(endlich) schulisches.

Ja, nun ließ sich doch ein kleines Zeitfenster entdecken und anwenden, um mal wieder persönlich zu berichten, und da gibt es viel. Zu viel eigentlich, denn zwei Wochen volle Fahrt in der Schule bringen natürlich mit sich, daß man viel erlebt.

Zum einen liegen z.B. rund dreihundert Schülerarbeiten neben mir auf dem Schreibtisch, die, man glaubt es kaum, zeitnah, so es nach den Schülern geht, korrigiert werden sollen. Das Gros in Englisch, der Rest dann eben auf Deutsch. Ich kann an dieser Stelle jetzt schon verraten, daß meine vorgeschriebene Arbeitszeit bei weitem nicht ausreicht, um die vielfältigen Aufgaben eines Lehrers zu erfüllen, ein Haufen Abende gehen nur für die Vorbereitung und Nachbereitung der einzelnen Stunden drauf. Nun gut, ich will mich freilich nicht beschweren, ich wußte ja, worauf ich mich einlasse.

Dann hätten wir Unterrichtsstunden, die damit beginnen, daß daran gezweifelt wird, daß meine Wenigkeit Deutscher wäre. Mir wurde jüngst unterstellt, ausgehend von meiner „komischen“ Aussprache, ich sei kein waschechter Deutscher. Allein die Aussprache der Zahlen sei doch recht gräßlich, rein gar nicht, wie man das gelernt hätte. Und die Anwendung des Buchstabens Eszett zieht meinen Schülern nun gänzlich die Schuhe aus. Ich wies zwar darauf hin, daß schwedische Deutschlehrer sicher eine andere Aussprache hätten als ich, also einen schwedischen Akzent im Deutschen anwendeten, und mit dem Eszett auf dem Kriegsfuß stünden, aber das wurde abschlägig beschieden. Es war wirklich zwingend, den heimatlichen Paß vorzuzeigen, damit wir dahingehend überein kommen konnten, daß ich auch wirklich der bin, für den ich mich ausgebe. Das hindert meine Schüler freilich nicht daran, sich tot zu lachen, wenn ich im Schwedischen das R nicht gerollt bekomme, ich kann verzweifelt dreimal mitteilen, daß man dies in Berlin einfach nicht macht.

Richtig bunt wird es, wenn man, in beiden Sprachen, an die Grammatik rangeht. Begriffe wie Subjekt, Prädikat und Objekt sollte man unbedingt vermeiden, aus irgendeinem Grund legt man in Schweden nicht so viel Wert auf die schulische Ausbildung in der Grammatik, also weder in der schwedischen noch in der anderer Sprachen. Da wird es natürlich putzig und chaotisch, versucht man, da ist es wieder, die Zeitform Perfekt einzuführen. Abenteuerlich wird es auch, geht man an die sechzehn Bundesländer heran. Die Rechtschreibung derer seitens der Schüler ist wirklich famos, es stimmt so ziemlich gar nichts, dennoch ist man in der Lage, aus dem Wirrwarr etwas zu entziffern. Ja, sie versuchen es, und mit ein bißchen Wiederholung sollten wir eine halbwegs richtige Orthographie erreichen.

Und meine Kollegen, was soll ich sagen? Ich habe wahnsinniges Glück gehabt, mit allen übrigens, also nicht nur mit denen aus meinem Arbeitsteam (arbetslag nio). Sie helfen, wo sie können, nehmen mit Engelsgeduld meine sprachlichen Tiefflüge hin und freuen sich um so mehr, wenn ich hier und da eine neue Redewendung aufgeschnappt und praktisch angewandt habe. Dasselbe gilt übrigens auch für meine Schüler, die sich, im Gegensatz zu meinen Kollegen, bei meinen Tiefflügen natürlich nicht mehr zusammenreißen können. Aber es sei ihnen wahrlich gegönnt, so lang ist die Zeit als Schüler bei mir ja nun auch noch nicht her.

Und was wir an der Schule nicht alles machen, am Donnerstag und Freitag werden alle Neunten inklusive der Lehrer aus dem arbetslag nio zusammen im Wald umherwandern, auf dem >>> Vildmarksleden (ein Wanderweg), mit nächtlicher Übernachtung im Zelt, irgendwo bei Bjursås:


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Mein kleiner Einwand in Bezug auf Bären wird natürlich ausgenommen wie ein Fisch, meine Kollegen versichern mir seit zwei Wochen, daß dies alles kein Problem sein sollte … ich vertraue ihnen einfach mal! Wenn nicht, dann kann man wahrscheinlich am Freitagmorgen meine Einzelteile im Wald zusammensammeln.

Ich kann also mitteilen, daß mein Start in Borlänge wunderbar verlief. Anstrengend ist das alles schon, und ja, ab und zu schiebe ich ein bißchen Frust vor mich her, wenn es dann mit einigen Schülern nicht so klappt, wie es sollte. Die eigentlich wollen, aber dennoch nicht können, weil ihnen, z.B. wegen Migrationshintergrund, die Sprache fehlt, sowohl das Schwedische als auch die Fremdsprache. Es geht verdammt viel Zeit drauf, um mit ihnen erfolgreich arbeiten zu können, allerdings wußte ich das, dies wurde mir während des Einstellungsgespräches ohne Umschweife angetragen. Es wird also nicht langweilig, auch nicht langatmig, jeder Tag ist einfach anders, spannend und herausfordernd.

Damit sollte es fürs Erste reichen, ich werde natürlich den Ausflug in die Natur nutzen und die Kamera mal wieder ein bißchen herausfordern, das bleibt ja leider im Moment etwas auf der Strecke, was ich zutiefst bedauere, aber der Tag hat ja leider nur 24 Stunden, und die sind im Moment bei mir zur Gänze ausgefüllt. Es kann aber nur noch besser werden …