Durchwachsen.

Nun will ich doch noch kurz ein bißchen plaudern, über Stockholm und die letzten Tage dort. Die eigentlich sehr schön waren, aber auf Grund gewisser externer Unzulänglichkeiten Streß verursachten, und das nicht nur bei mir, sondern auch beim Kalle, der Stockholm ja zum ersten mal zu Gesicht bekam.

So ergab es sich, daß sich einer der vier bis fünf jährlichen Blackouts in Stockholm ausgerechnet am Dienstag einstellen mußte, am Anreisetag, auf dem Weg zu Barbara. Sicher, uns hätte schon am Hauptbahnhof klar sein müssen, daß wir unser Ziel Årstaberg/Årstafältet nur auf Umwegen erreichen werden würden, hieß es doch, der pendeltåg (S-Bahn) hielte nicht in Årstaberg auf Grund eines Triebfahrzeugschadens. Nun war ich froh, daß man auch mit tunnelbanan und Tvärbanan unser Zielgebiet erreichen könnte, was sich aber fatalerweise als unberechtigte Annahme herausstellte. Leider. Denn schon in Slussen ging es nicht mehr vorwärts, der U-Bahnfahrer faselte immer was von Stromausfall in Liljeholmen und daß es gleich weiter ginge. Im Schneckentempo. Liljeholmen erwartete uns dann mit Chaos und Dunkelheit. Kein einziges Licht war im U-Bahnhof an, kein Anzeiger funktionierte, düster war die Stimmung. Mir schwante schon, die Tvärbanan würde stehen, was sie dann auch tat, direkt unter einer Autobahnbrücke hatte sie der Stromausfall erwischt. Kompetentes Personal zu finden war natürlich ein Krampf, so daß der Kalle und ich nur mühsam, aber dennoch erfolgreich eine Busverbindung auf eigene Faust entdeckten und schlußendlich, zwei Stunden später als geplant, unser Gepäck erfolgreich bei Barbara abstellen konnten, um die Stadt zu entdecken.

Aber auch der Fahrkartenkauf gestaltete sich umständlich und ätzend. Die Schweden haben ja eine Arschruhe weg, wenn es ums Arbeiten geht. Beim Service-Center des Stockholmer lokaltrafik standen mehr als 30 Menschleins mit einer Wartenummer an – was übrigens den Kalle hier in Schweden generell auf die Palme brachte, also die Wartenummern-Zieherei, die man doch als Deutscher nur vom Amt her kennt – und genau einer arbeitete hinter einem Schalter von fünfen. Und dies auch nur recht widerwillig, was mit öffentlichem Gähnen und mehrmaligen Inspizieren der Uhr zum Ausdruck gebracht wurde. Eine andere Mitarbeiterin rannte zwar hektisch mit ihrer Kaffeetasse durch die Gegend, schaute hier und dort entsetzt in die Runde, verzog jedoch nur angewidert die Miene und ward nicht mehr gesehen. Eine dritte erbarmte sich dann immerhin, einen der unzählig Wartenden zu bedienen, aber dann war die Arbeitsmoral auch schon wieder dahin, das Schalterfenster wurde zugeknallt und die Kaffeetasse ins rettende Hinterland der Schalterzentrale verfrachtet.

Selbst Busfahren kann in Stockholm zum Abenteuer werden, wenn nämlich der Bus mitten im Kreisverkehr der Meinung ist, er wollte nicht mehr, und sein Bediener völlig überlastet damit ist, anzuerkennen, daß der Bus einfach nicht mehr fährt. Erlebt nämlich mit Barbara am Tage, als der Kalle sich wieder auf den Weg nach Berlin machte. Ich selber habe das ganze Theater nur halb zur Kenntnis genommen, denn fand ich die wütenden Autofahrer im Kreisverkehr durchaus bedrohlicher. Geduld scheint nämlich in Sachen Autofahren nicht eine Stärke der Schweden zu sein, die selbst über Bürgersteige kachelten, um so schnell als möglich den defekten Bus zu passieren. Daß er dabei immer noch Hüpfer nach vorne machte, weil ja der Busfahrer immer noch im Glauben war, durch Betätigen des Anlassers würde schon alles wieder heile werden, hielt dabei keinen ab. Ich sah uns schon in irgendeinem Taxi, oder LKW, oder was auch immer.

Und die Touristen sind ja eigentlich DAS schlimmste. Gamla Stan war überlaufen, eingenommen von Touristen. Deutsche, Franzosen, Italiener, alle wollten sie Fotos machen, mußten jedoch auf der anderen Seite immer ihrem Gruppenschild hinterher rennen. Von links nach rechts, von oben nach unten. Mich selber schrecken Menschenmassen, und ich meinte auch zum Kalle, hätte ich gewußt, so im Voraus, die Touristen seien schon da, ich wäre nicht mit ihm gefahren. Der Renke wird in Menschenmassen doch immer so aggressiv.

Ach ja, die Großstadt. Ich will mich nicht beschweren. Eigentlich war das ja alles sehr schön! Und eigentlich haben wir alles gesehen, was wir sehen wollten. Und haben es noch pünktlich zum Spiel Schweden gegen Griechenland nach Hause geschafft. Und sind von der Barbara gehegt und gepflegt worden. Und der Renke hat sogar noch seinen Paß abholen können. Und ganz eigentlich fehlt mir ja die Großstadt, so daß ich mich eigentlich ganz und gar nicht beschweren kann. Auch nicht über das Sturmwetter, brüllende deutsche Tourguides, nicht fahrende Busse und volle U-Bahnen.

So war das mit Stockholm. Und wer es nicht glaubt, nun noch schnell ein paar neue Bilder. Von Stockholm.

2008/06/11 - Falun
Falun/Järnvägsstation – Wir verzichteten darauf, mit diesem urigen Ding gen Borlänge zu fahren (zum Umsteigen) und nahmen zehn Minuten später die moderne Variante.

2008/06/10-12 Stockholm
Stockholm/Gamla Stan – Obelisk vor dem Kungliga Slottet

2008/06/10-12 Stockholm
Stockholm/Central station – Stärkung. Widerlich, oder???

2008/06/10-12 Stockholm
Stockholm/Centrum – Station T-Centralen der Blauen Linie der tunnelbanan. Sie macht ihrem Namen alle Ehre.

2008/06/10-12 Stockholm
Stockholm/Centrum – Einfahrt eines U-Bahnzuges in die Station Rådhuset. Mit Special effect.

2008/06/10-12 Stockholm
Stockholm/Djurgården – Ein Schwan im Sturme bei Waldemarsudde. Leicht demoliert.

2008/06/10-12 Stockholm
Stockholm/Djurgården – Alte Mühle auf Waldemarsudde.

2008/06/10-12 Stockholm
Stockholm/Centrum – Nicht die Love Parade des Nordens, nein, die Stockholmer Gymnasiasten feiern ihren Abschluß. Mit viel zu viel Alkohol. Hat das gestunken, als sie uns passierten.

2008/06/10-12 Stockholm
Stockholm/Södermalm – Zu spät abgedrückt, verdammter Mist. Ein Flugzeug der Malmö Aviation im Landeanflug auf Stockholm Bromma.

2008/06/10-12 Stockholm
Stockholm/Kungsholmen – Wie war das mit der Arbeitsmoral? Gesehen an Stockholms stadshus.

2008/06/10-12 Stockholm
Stockholm/Kungsholmen – Ein Häuschen schippert auf dem Mälaren.

2008/06/10-12 Stockholm
Stockholm/Kungsholmen – Das Wetter wird zusehends schlechter, hier der Turm des Stadshuset unter einer dichten Wolkendecke.

2008/06/10-12 Stockholm
Stockholm/Kungsholmen – Centralbron, mit Blick Richtung Gamla Stan und Södermalm.

2008/06/10-12 Stockholm
Stockholm/Riddarholmen – Blick auf Kungsholmen mit Stadshuset (rechts) und gen Västerbron. Dunkel ist es, und ich kann vermelden, es beginnt dann auch gleich zu regnen.

4 Gedanken zu „Durchwachsen.“

  1. Was sehen meine müden Augen??? Welcher Glanz in unserer Hütte :)) Jo, Kalle, freut mich, daß es Dir hier gefallen hat, der Schnee rechtzeitig vor Deiner Ankunft von dannen war und Du hier ein bißchen Ruhe gefunden hast! Naja, und wenn Du das nächste Mal hier bist, sprengen wir die 100 km in einer Woche an Wanderungen und nehmen die 150 ins Visier. Wa!

    Bis nächste Woche dann! Lieber Gruß, icke!

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  2. Also ich fand das schon alles Klasse in Schweden, ganz ehrlich!
    Ich konnte einige Vorurteile abbauen, mich ein wenig erholen und etwas Kraft und Energie auftanken. – War ne‘ echt schöne Zeit, wir sehen uns dann nächste Woche in Berlin.
    Liebe Grüße, der Kalle! (Bin ja lernfähig! :mrgreen: )

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  3. Öhhh, es waren doch aber drei Tage, Schwesterherz!!! Das ganze Programm an einem Tag??? Dann würde ich wohl nicht nächsten Freitag im Flieger sitzen, sondern hier in Falun in der Klapse :mrgreen:

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  4. na das scheint ja ein sehr stressiger Tag in Stockholm gewesen zu sein…aber du hast es ja überlebt und der Kalle hat sich heute auch schon bei uns gemeldet. Freu mich schon auf nächsten Freitag..bist endlich wieder bei uns 🙂

    lg viola

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