Schneetreiben.

Also das war heute schon ein erfrischend kalter und anstrengender Tag, der vor allem durch Schneetreiben draußen geprägt war, allerdings auch im Klassenraum, metaphorisch ausgedrückt. Was dann hier und dort für Chaos sorgte. Schließlich lassen wir uns hier ja in Schweden nicht lumpen, was Deutschland am Wochenende konnte, haben wir heute hier Dalarna wunderbar fortgesetzt: Schneesturm, wie er im Buche steht. Dabei gab es  sicherlich einige Einschränkungen und Widrigkeiten, so fielen nicht wenige Pendlerflüge von und nach Borlänge aus,  der Zugverkehr kommt mal wieder teilweise durch Schneehäufchen zum Erliegen, die sich unerwartet durch den Sturm gebildet haben, und meine Busfahrer am heutigen Tage schienen direkt Angst haben, überhaupt die Haltestellen zu verlassen. Man eierte und lahmte durch die Dörfer und Berge denn man fuhr. So war nicht sicher, ob ich meine Schule überhaupt pünktlich erreichen sollte, wir machten auf 30 km 30 Minuten Verspätung. Nicht weniger seltsam sah es heute mit den Schülern aus, in deren Gedankenwelt muß heute ein Schneeorkan gewütet haben. Einfachste Sätze wie „Ich mag deinen neuen Pullover“ scheiterten schon am richtigen Personalpronomen. Selbst die Schritt-für-Schritt-Methode fuhr mit Pauken und Trompeten krachend gegen die Wand. Der schwedische Satz „Jag tycker om din nya tröja“ wurde bei der Zerlegung in seine Einzelteile und anschließender Übersetzung ins Deutsche sämtlicher Fehlbehandlungen unterzogen, die es nur geben kann. Auf die Frage, was „jag“ auf Deutsch heißen könnte, kam vieles an Ideen, aber das „Ich“ brachten sie heute nicht hervor. Ding dong, verständlich, daß bei mir auch langsam Schneetreiben einsetzte. Denn, nachdem wir  bei „tröja“ ankamen, was der Pullover ist, verschlug es ihnen endgültig die Sprache – meine Frage, welches Genus denn der Pulli hätte, natürlich einfacher ausgedrückt (ist Pullover ein das-, die- oder der-Wort), war Ruhe im Saal. Oh, wie hätte ich sie … waren doch die Kleidungsstücke mit dem richtigen Artikel Hausaufgabe, in längst vergangener Zeit. Stille. Hätten sie doch wenigstens irgendeinen Artikel in den Raum geworfen …

Was soll ich sagen? Ich habe zum Schluß einfach eingesehen, daß auch die Schüler nur Menschen sind und eigentlich viel lieber im Schnee tollen wollten, als mit meiner Wenigkeit das Austauschen von Komplimenten zu entdecken und zu üben. Das war nämlich eigentlich das Ziel – ein Kompliment geben und die Rückgabe eines entsprechenden Danks. Wir haben dann einfach in den letzten Mintuten die Wörter „Sommerschlußverkauf“ und „Winterschlußverkauf“ mündlich geübt, solch lange Gebilde sind ihnen nämlich gänzlich fremd und schon fast ein bißchen furchteinflößend. In Schweden sagt man nämlich eigentlich nur kurz REA, wenn es denn sein muß, wird  sommarrea oder vinterrea ausgesprochen.

Und so eierte ich dann die Berge hinunter, gen Falun, im Bus, bei Wind und Schnee, in tiefster Dunkelheit. Leicht unzufrieden über den Tag, dennoch froh, daß man es doch noch bis Falun schaffte. Denn auch uns sollten Schneehäufchen aufhalten, die Verwehungen bildeten sich vor allem am späten Nachmittag recht hoch aus. Spannend war immer die Frage, steht jemand unterwegs an der Haltestelle oder nicht – der Busfahrer konnte nämlich weder die Haltstelle, geschweige denn dort wartende Passagiere ausreichend erkennen, so daß wir mehrmals die Straße entlangrutschten, wenn hastig zur Kenntnis genommen wurde: eine Haltestelle mit Kundschaft!

So sieht das alles aus. Spannend kann ich nur sagen, spannend. Vor allem das mit dem Wetter, irgendwie träumen hier alle schon wieder vom Frühling – im November! Und für mich hat doch der weiße Spaß eigentlich eben erst so richtig begonnen!

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