Merkel [und] Nordsee [und] Wasser mit dem Bus.

Man ahnt es vielleicht schon, der Sommer ist hin, geradezu weg, zumindest hier in Stockholm. Das Thermometer setzt in den Nächten schon zu regelrechten Sturzflügen an, wir bewegen uns sehr knapp an der Grenze zu Minusgraden. Und meiner einer ist nun zurück im Arbeitsleben, ich habe endlich wieder die Ehre, schwedischen Schülern Deutsch überhelfen zu dürfen, auch wenn bis Mitte September noch der eine oder andere Tag für das touristische Führen von Touristen angedacht ist, die sich bei Problemstellungen des Alltags übrigens genauso wie meine Schüler verhalten.

So hatte ich eine Gruppe am Dienstag, die von mir auf einem kleinen Bötchen Stockholm gezeigt bekommen sollte, die von mir heiß geliebte „Canal Tour“. Brav stand ich im Stadthafen von Stockholm und nahm meine Gäste entgegen, die frohen Mutes von ihrem Kreuzfahrtschiff kamen, um nach einem kleinen Fußweg auf das Touristenbötchen umzusteigen. Wie immer hat man einige Nachzügler, auf die man gesondert wartet, das ergibt sich einfach, schließlich wollen jedesmal hunderte von Reisenden Stockholm entdecken, es herrscht dann immer Chaos. Und so kamen dann auch irgendwann die letzten zwei Passagiere, völlig aufgelöst und arg gestreßt, im wehenden Winde, und fragten gezielt bei mir nach, ob ich denn für die Bootstour zuständig wäre, was ich positiv beschied, und ob denn der Bus auf sie warten würde. Als ich dieses dann mit einem Nein beantwortete, brach die Welt für einige Millisekunden zusammen, das schöne Geld wäre futsch, der ganze schöne Tag ruiniert, und überhaupt, was für eine „saumäßige“ Organisation dies doch wäre, wartete man nicht einmal 5 Minuten auf verspätete Passagiere. Nach diesem Gewitter fragte man meinerseits leicht irritiert, wie so ein Bus denn die Kanaltour durchführen sollte, schließlich wären das ja keine Amphibienfahrzeuge, und es wäre doch eigentlich auch das Wort „Boot“ gefallen, also Wasserfahrzeug, wieso solle ein Bus auf uns warten? Ein wunderbares und exemplarisches Beispiel dafür, daß man einfach die richtigen Fragen stellen muß, um die richtigen Antworten zu bekommen.

Dieses Lebensweisheit habe ich just am gestrigen Tage selbst vorgesetzt bekommen, denn hatten einige meine Schüler eine Freistunde, da ich auf eine andere Schule mußte, Konferenzen. Deswegen gab es dann auch eine sogenannte „Heimaufgabe“, welche sozusagen ein Ersatz für die ausgefallene Stunde war. Ich fragte dabei frank und frei, was unter anderem die Nordsee und Merkel wären, und dachte mir eigentlich nichts böses dabei, und empfahl zudem den Schülern, das Internet als Recherchemöglichkeit zu benutzen. Ergebnis meiner unbedarften Fragen war dann, daß „Merkel“ eine deutsche Webseite wäre, was genau dann stimmt, wenn man im schwedischen Google nach Merkel >>> sucht, und außerdem ein deutscher Nachname sein sollte. In diesem Falle: eins zu null für die Schüler, als falsch kann ich das nun wahrlich nicht ankreuzen. Vielleicht hätte man ja meinerseits die Frage so präzisieren können, daß die Schüler dann einfach auf die Kanzlerin kommen könnten. Ähnlich verhielt es sich mit der Nordsee. Mehrere Schüler eröffneten mir schriftlich, daß dies eine der größten Restaurantketten in Europa wäre, die ihre Kunden mit allerlei Fischmahlzeiten versorge. Womit sie wiederum völlig richtig lagen, wenn man nach Nordsee auf der schwedischen Google-Seite >>> sucht. Sie kamen einfach nicht darauf, daß die gute alte „Nordsjön“ die Nordsee sein könnte. Beim Begriff Ostsee wurde mir dann übrigens nicht das Meer angeboten, sondern die älteste Galopprennbahn in Europa, die >>> Ostseerennbahn zwischen Heiligendamm und Bad Doberan.

Wunderbar. Das Experiment „Landeskunde“ auf eigene Faust kann also als voller Erfolg bezeichnet werden, auch wenn die Antworten hier und da ziemlich von meinen Erwartungen abweichen. Das allerdings passiert eben genau dann, wenn man seine Fragen an die Schüler nicht bedenkt und abwägt. Ich gebe allerdings zu, daß ich ob dieser Antworten schmunzeln mußte, sie können es aber auch nicht besser wissen.

Vergangen ist mir das Schmunzeln allerdings heute, denn die angedrohte Fahrpreiserhöhung um fast 12 Euro für die Monatskarte wurde in die Tat umgesetzt. Zwar habe ich meine Karte gestern verlängern müssen, und dies noch zum alten Preis, warum ich aber für den ganzen Schrott hier, es sind Berliner Verhältnisse, in Zukunft 85 € abdrücken soll, ist mir noch nicht so ganz klar. Aber es hilft ja nichts, das Fliegen wurde mir nicht in die Wiege gelegt.

So warten wir hier nun langsam auf den Winter, der Herbst wird ja hier in Schweden genauso wie der Frühling nur sehr minimalistisch angeboten, und freuen uns einfach auf die ersten Schneefälle, die wohl bald um die Ecke kommen werden. [Ich gebe zu, ich bin wahrscheinlich der Einzige, der sich schon wieder auf das weiße Zeugs freut.]

Schlitten ahoi!

Schreibe einen Kommentar