Wie immer. Panik. Wie immer.

Es ist soweit. Und ich kriege die Krise. In sechs Wochen werden die Neunten entlassen, ins richtige Leben. Schwups, hinaus. Die Grundschule endet (in Schweden in der neunten Klasse), das Gymnasium (für alle) beginnt.

Und just sechs Wochen vor diesem Wechsel kommt er daher, der Chef. Für die Grundschulen der Sigtuna kommun. Und kriegt die Krise. Weil unsere Schüler nicht der Statistik entsprechen. Zu oft ein F (F entspricht einer Sechs in Deutschland).

Statistik. Danke.

Und nun soll es Renke in Deutsch richten. Gerne. Und wie?

Was mich an der schwedischen Schule angeht, stört, verstört: Die Schüler müssen für ihre Noten kaum etwas tun! Da sein. Atmen. Schnappen. Augen auf. Danke.

Gegenfrage: Wie soll man eine Schülerin oder einen Schüler im mündlichen Teil, Benotungsfeld, beurteilen, wenn nichts kommt. Wenn die Lippen sich nicht bewegen, die Zunge keine Laute hervorbringt, und der Rest des Kauapparates versagt, wenn man sprechen soll?

Die Statistik muß stimmen.

Wieso spreche ich eigentlich Schwedisch?

Noch bin ich nicht fertig mit dem Lehrerdasein in Schweden, noch nicht. Und wenn der oberste Chef meint, er müsse die Statistik frisieren, dann soll er dem frönen. Aber eine Schülerin oder einen Schüler in Richtung Gymnasium zu entlassen, im Fach Deutsch, mit einer Note „bestanden“, die eben nicht der Wirklichkeit entspricht, ist doch ungerecht? Fahrlässig? Unverantwortlich? Eine Schülerin oder einen Schüler mit einer falschen Note wissentlich gegen die Wand fahren zu lassen? Das Fach wird doch auf dem Gymnasium nicht einfacher. Nicht mal in  der Statistik. Oder doch?

Liegt es einfach daran, daß Schulen in Schweden ihr Geld in Bezug auf die Anzahl der Schüler bekommen?

Und ich habe nichts zu tun. Sagen viele. Lehrer. Ferien. Ja. Nein. Feierabend?

Nun sitze ich hier, um kurz nach zehn, abends. Plane für den einen oder anderen eine extra Unterrichtsstunde, eine weitere Prüfung. Eine weitere Gelegenheit. Hat man gelernt? Die Hausaufgaben vorbereitet? Zugehört?

Statistik. Dilemma. Panik.

Die Tage werden länger, die Sonne begleitet uns. Morgens, abends, nachts. Die Rechnung für die langen Winterabende. Und für die Überstunden. Und für die Schüler. Und deren Zukunft.

Und, trotz der Schwierigkeiten mit deutschen Sprache, ein sprachlicher Höhepunkt: Eine exklusive Führung auf Deutsch im >>> Vasamuseum. Vorgeschlagen, schüchtern, von mir; gefordert von meinen Schülern.

Jenseits von Nummern und Zahlen in irgendwelchen Tabellen.

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