Böses Internet!

Es ist mal wieder ergreifend, wie wenig man in Schweden doch in lokalen Medien darüber erfährt, was eigentlich im Lande so vor sich geht. >>> In die Luft fliegende Atomkraftwerke werden hier genauso ignoriert wie der Zusammenbruch des landesweiten WWW, auch Internet genannt, der mich (und Teile Norddeutschlands, ich danke noch einmal für die Hilfe) bald in den Wahnsinn getrieben hätte, so mitten in der Nacht, weil eben nichts mehr ging. Schon gar nicht, versuchte man etwas auf den Uniserver hochzuladen, was ausgerechnet gestern um 23:59 Uhr absolut notwendig war, jedoch sabotiert wurde. Davon abgesehen, daß ich langsam aber sicher die Contenance verliere in Sachen Internet, weil es schon nicht ordentlich funktioniert, auch wenn der DNS-Server im Land der Trolle und Elche einwandfrei seinen Dienst versieht, was aber wohl oder übel, ich arbeite da übrigens noch an der Beweiskette, an meinem Provider liegt, war es gestern einfach nur eine schlechte Zeit seitens der Internet Infrastructure Foundation, kurz auch nur >>> .se gennant, ein Update völlig gegen die Wand zu fahren. Unabhängig davon, daß mein Rechner wieder sehr nahe dran war, Flugunterricht übergeholfen zu bekommen, war das Internet im schwedischsprachigen Raum bis heute nicht ganz bei Sinnen und in sich völlig unsortiert, was dann unter anderem auch den Uniserver derartig belastete, daß mehrere wichtige Funktionen einfach brach lagen.

Nun muß man aber nicht annehmen, die großen Medien des Landes würden hierüber informieren! Im Gegenteil: Ein RSS-Feed eines anderen Blogs in Schweden, ganz auf Deutsch geschrieben, war der erste Schritt zu einem Nachrichtenangebot, das wohl jeder Deutsche und jede Deutsche kennen sollte – die gute alte Tagesschau, die zu berichten wußte, daß irgendwas nicht >>> stimmte im Staate Schweden, so über Nacht und überhaupt. Einmal mehr frage ich mich, was um Himmels Willen in Schweden eigentlich reif für die Nachrichten ist und was sang- und klanglos in den Wind geschossen wird. Eine Antwort schuldet es mir noch, das böse Internet, das schwedische natürlich, die Nachrichtenseiten selbstverständlich.

PS. Wie durch ein Wunder (ich übertreibe maßlos) war meine Seite hiervon nicht betroffen – was vielleicht daran liegt, daß der Server in Dänemark steht?

Sag mir wer Du bist, oder Du fliegst raus!

Ungewöhnlich, vor allem wenn man bedenkt, daß dies zukünftig in Schweden beim Bahnfahren gilt! Denn fast heimlich still und leise hat die schwedische Zuggesellschaft >>> SJ, die größte in unserem Lande, den persönlichen Fahrschein eingeführt, vorgestern genau genommen. Recht befremdlich wirkt dies, argumentiert SJ in ihrer >>> Mitteilung, daß ein persönlicher Fahrschein ja auch bei Schiffs- oder Flugreisen üblich sei, man täte also eigentlich nur das, was alle anderen auch machten. Verschwiegen allerdings wird in dieser Angelegenheit ganz einfach, daß nationale Schiffsreisen hiervon selbstverständlich ausgeschlossen sind – ich brauche in Stockholm beim Übersetzen von Slussen nach Djurgården natürlich nicht mit meinem Reisepaß winken – , der Vergleich zwischen Zug und Flug (sei es auch ein nationaler) hinkt schon deswegen, weil Züge eine ganz andere, vor allem hinsichtlich notwendiger Sicherheitsstandards, Infrastruktur zur Durchführung des Betriebes nutzen. Ein anderes Argument von SJ ist zudem, daß man mit der Einführung des persönlichen Fahrscheines, der mit einem Personaldokument beim Zugpersonal vorgezeigt werden muß, dem Schwarzhandel von Schnäppchenfahrausweisen vorbeugen will. Stimmen Name auf dem Fahrschein und dem Personaldokument nicht überein bzw. hat man eben ein solches Dokument nicht in der Hand, darf man sich als glücklicher Schwarzfahrer schätzen und, insoweit es das Gebaren von SJ hergibt, den Zug verlassen. Weiterhin argumentiert SJ mit der Servicekeule, man könne durch die neue Regel den Kunden leichter über Veränderungen bei der Reise unterrichten. Dies allerdings ist aus meiner eigenen Erfahrung  nicht nur Mumpitz, sondern glatt gelogen. Da ich am Bonusprogramm von SJ teilnehme, haben sie aber auch wirklich alles in Sachen Kommunikationsmittel von mir, was aber nicht verhindert, daß gebuchte Züge nicht fahren bzw. deren Fahrzeiten massiv geändert wurden, die Erlangung der Kenntnis hierüber aber nicht durch SJ erfolgte, sondern erst am Bahnhof durch „Frontalunterricht“ mir gegenüber.

Es ist bedauerlich, daß das Bahnfahren in Schweden durch dieses Vorgehen der Gesellschaft enorm erschwert wird. Einfach mal kurz mit dem IC von Falun nach Borlänge zu fahren, kann eine Tortour werden, hat meinen seinen Reisepaß einfach zu Hause liegen gelassen, wir reden hier übrigens von 25 km. Zudem stellt sich der schale Beigeschmack einer wie auch immer gearteten Überwachung ein. Denn natürlich erfahren die elektronischen Systeme, was der Passagier XY gebucht hat, wohin er gebucht hat, der Passagier kann aber in keiner Weise nachvollziehen, was genau mit seinen Daten passiert, auch wenn SJ versichert, die Daten würden nach einem Monat gelöscht. Wer das aber überprüfen soll und wird, bleibt im Moment ein Rätsel.

Der Aufschrei unter den Reisenden ist derweil mächtig, SJ bläst ein harter Wind entgegen. So schreiben aufgebrachte Leser beim >>> Svenska Dagbladet von einer „totalen Überwachung“,  sowas hätte es nicht mal in einer kommunistischen Diktatur gegeben, also die Kontrolle über das Reisen des Volkes (im eigenen Lande). SJ allerdings stellt ganz nüchtern fest, daß derjenige, der nicht sein Personaldokument vorzeigt, die Beförderungsbedingungen nicht erfüllen würde und dann auszusteigen hätte.

Ich selber habe im Moment noch keine richtige Meinung zu diesem Vorgang, denn aufregen kann ich mich nicht, mein Name steht schon seit Jahren auf den Fahrscheinen, durch das Punkteprogramm, auch wenn ich bisher nie meinen Paß vorzeigen mußte. Zu befürchten ist aber sicherlich, daß auch bei mir hier und da ein komisches Gefühl entstehen wird, wenn ich nun neuerdings auch noch nachweisen muß, daß ich derjenige bin, der ich zu sein scheine, laut Fahrschein. Ob das nun als flexibel und angenehm betrachtet werden, bleibt dem Leser, dem Reisenden und schließlich mir überlassen. Ich werde einfach aus der Praxis berichten, der nächste Zug zum Flug kommt bestimmt …

Fast (danebengelegen).

Aber eben nur fast. Nach mehr als >>> zwei Wochen S-Bahn-Chaos in Berlin, einer recht halbherzigen Auswechslung der Führungsebene bei der S-Bahn Berlin GmbH, täglich neuen Fahrplänen und Beteuerungen, alles werde wieder chic, nahm man dann heute zur Kenntnis:

>>> S-Bahn stürzt Berlin ins Chaos
Tagesspiegel online

>>> Ost-West-Verkehr der S-Bahn wird eingestellt
Berliner Zeitung online

>>> Chaos verschärft sich – S-Bahn stellt Betrieb auf der Stadtbahn ein
Berliner Morgenpost online

Das gab es bisher nur bei Streiks oder kriegsbedingt: Zweieinhalb Wochen lang wird von Montag an keine S-Bahn zwischen Ostbahnhof und Zoo fahren – aus technischen Gründen.

>>>Tagesspiegel online „Keine S-Bahn mehr zwischen Zoo und Ostbahnhof“ (2009/07/16)

So wird also ab Montag das Herzstück der Berliner S-Bahn, die Stadtbahn, zwischen Zoo und Ostbahnhof abgehängt, Linien ins Umland werden stückweise eingestellt, und der Fahrgast guckt in die Röhre. Davon abgesehen, daß ein solcher Vorgang einmalig in Deutschland sein sollte, also daß ein Verkehrsbetrieb sehenden Auges soweit runtergespart wird, daß er seiner originären Aufgabe nicht mehr nachkommen kann, passiert in der Berliner Politik rein gar nichts. Man hört und sieht nichts, auch wenn die halbe Stadt im Verkehrsinfarkt verreckt. Da kann man dem rot-roten Senat wirklich auf die Schultern klopfen und Herrn Wowereit gratulieren. Nun haben wir einen Haufen Modemessen und Mega-Events in Berlin, aber keinen, der die Menschentrauben dorthin bringt. Oder vom Flughafen abholt, denn Schönefeld wird ebenso komplett vom S-Bahnverkehr ausgesperrt.

Der Alexanderplatz ohne S-Bahnrumpeln … Berlin, wie haste dir vaändert???

Eine Sache der Vorstellungskraft!

Ich habe es ja schon geahnt und befürchtet, der Titel >>> Und tschüs, S-Bahn! könnte unter Umständen nicht von ungefähr sein, allein die Vorstellungskraft, Berlin, Möchtegern-Weltstadt, würde ohne S-Bahn dastehen, reichte bisher nicht aus. Das könnte nun dieser Tage eine Änderung erfahren, denn unkt der Tagesspiegel inzwischen:

S-Bahn droht völlige Einstellung des Verkehrs

[…] Der Senat sieht keine Möglichkeiten, hier einzugreifen.

>>> Tagesspiegel-Online, Meldung vom 08/07/2009 (letzter Abruf: 08/07/2009)

Na dann, ich schlage vor, wir machen nun alle gemeinsam unsere Äuglein zu und versuchen einfach, uns vorzustellen, wie so eine Welthauptstadt denn ohne fünfzehn S-Bahnlinien funktionieren könnte, der Senat von Berlin möge sich doch bitte auch anstrengen. Sollte die gemeinsame Vorstellungskraft nicht ausreichen, schlage ich einfach einen Ortstermin zur direkten Ansicht vor – früge man mich, ich gäbe der S-Bahn noch eine Woche …

Und keiner ist es gewesen!