Alter Schwede!

Am gestrigen Tage hatte ich wieder die Ehre, meine Touristen auf Schloß Drottningholm zu führen, was an sich recht angenehm ist, weil das Schloß bei weitem nicht so überrannt wird wie das Schloß in der Altstadt, allerdings ist die Sortierung der unterschiedlichen Besitzer des Schlosses und seiner Regenten recht anstrengend, man muß aufpassen, welchen Namen man mit welcher Ordnungszahl in Verbindung bringt, bzw. ist es wichtig, die Zwischennamen den richtigen Vornamen zuzuordnen. Denn wir hätten da unter anderem die Königinnen >>>  Hedvig Eleonora av Holstein-Gottorp, >>>  Ulrika Eleonora, född prinsessa av Danmark, drottning av Sverige und nicht zu vergessen Königin >>> Lovisa Ulrika av Preussen. Die Damen waren natürlich nicht einsam, so daß man auch die dazugehörigen Kinder und Ehemänner im Köpfchen haben sollte, als da u.a. wären: >>>  Kung Karl X Gustav av Sverige, >>>  Kung Karl XI av Sverige und  >>> Kung Karl XII av Sverige. Gott sei Dank wird die ganze Riege an Karls zwischendurch aufgelockert, >>> Kung Adolf Fredrik av Sverige bringt ein bißchen Abwechslung auf die Zunge.

Und nachdem man wieder einmal heil aus dieser Führung herausgekommen ist, ohne dabei die Zunge über den Jordan zu schicken (erst das Ganze auf Schwedisch, dann auf Deutsch), und man frank und frei mit der Gruppe am Schloßtheater entlanglief, um zum Busse zu gelangen, da passierte es wieder (ich war gerade dabei, mir vor meinem geistigen Auge auf die Schulter zu klopfen) – es wurde eine Frage gestellt: „Woher kommt eigentlich …?“ Nun denn, bis zum „eigentlich“ hatte ich mir nichts böses gedacht, vielleicht würde etwas wie „… der Name Drottningholm?“ oder „der Name Chinaschloß?“ nachgefragt. Nein, diesmal sollte es rein gar nichts mit dem Schloß zu tun haben, es war einfach die allgemeine Frage:

Woher kommt eigentlich die Redewendung „Alter Schwede“? 

Schade, ich bin leider kein etymologisches Wörterbuch, vielleicht werde ich irgendwann mal eines, aber gestern war an dieser Stelle dann Schluß mit lustig. Dem Fragenden mußte ich leider eine Antwort schuldig bleiben, habe aber inzwischen, wenn auch zu spät, die Lösung gefunden. Und da das Internet ja auch einen Bildungsauftrag hat, will ich meine Recherchen zu dieser Redewendung auch gar nicht vorenthalten.

Des Rätsels Lösung also ist, daß der Begriff „alter Schwede“ nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges aufkam. Die Schweden waren ja unter dem König >>> Gustav II. Adolf u.a. bis nach Bayern vorgedrungen, wurden allerdings später von >>> Wallenstein zurückgedrängt. Jedoch waren die Schweden recht renitent und kampferprobt, so daß sie nach dem Krieg von >>> Friedrich Wilhelm I. von Brandenburg, der später in den Nordischen Kriegen gegen das schwedische Königreich kämpfte, für sein Heer als Ausbilder angeworben wurden. Durch ihre erfolgreichen Methoden vor allem in Bezug auf den Drill der Soldaten, verschafften sich die Schweden Respekt bei den Männern von Friedrich Wilhelm und wurden kurzerhand einfach nur noch „die alten Schweden“ genannt. Die positive Konnotation hat sich bis heute gehalten, zumeist wird diese Redewendung ja z.B. als freundschaftlicher Anruf angewendet bzw. als Ausdrucksmittel von Bewunderung als auch positiver Überraschung benutzt.

Tja, nun weiß ich es, und hoffe, daß diese Erklärung ein Weilchen im oberen Stübchen sitzen bleibt. Sie könnte sogar noch ein bißchen Platz machen, ich warte eigentlich bei jeder Führung darauf, daß man mich nach den „schwedischen Gardinen“ fragt. Ich hatte die Erklärung dafür schon einmal erforscht, aber sie ist mir unerlaubterweise abhanden gekommmen. Das mit den grauen Zellen ist eben doch eine schwierige Sache.

PS. Feierlich verspreche ich an dieser Stelle, es zu unterlassen, solch historische Erklärungen fortlaufend und kontinuierlich in meinen Blog zu setzen.

PPS. Ich habe einfach google.de zu meinen Recherchen benutzt, Suchbegriff: >>> Etymologie „alter Schwede“.

[ungefähr] genau so.

Und morgen war es dann wieder soweit: der Mittsommerabend, auf Schwedisch midsommarafton genannt. Der gemeine Schwede fährt dann aufs Land, rammt die Mittsommerstange in die Erde und beginnt nach reichlich Essen und Trinken, wobei der Schwerpunkt des ganzen Abends sich immer mehr auf zweiteres verlegt, um eben diese Stange zu tanzen. Je nach Schwere der Alkoholvergiftung kann dieser kollektive Tanz als solcher noch identifiziert werden, zuweilen allerdings ist die Feinmotorik derart außer Gefecht gesetzt, daß man nur von unkontrollierten Bewegungen in diverse Richtungen sprechen kann, ergo also eine Koordination des Körpers nicht mehr stattfindet. Damit man den entsprechenden Promillewert im Blut auch wirklich erreicht, wird am heutigen Donnerstag das Systembolaget [ wir erinnern uns: der staatliche Alkoholabgabeladen] gestürmt, denn morgen ist dieses bekanntlich geschlossen. Dies wiederum eröffnet also die Möglichkeit, am heutigen Tage durch Kampfeslust aufzufallen, schließlich ist so ein Laden normalerweise schon am Nachmittag leergekauft, wer eben zu spät kommt, den bestraft das Leben [hilfsweise das Systembolaget]. Natürlich kann man den Mittsommer auch in der Stadt feiern. Als Mittsommerstange hält dann einfach irgendeine Haltestange in der U-Bahn her, wer es selbst nicht mehr in ein solches Vehikel schafft, der kann auch gern um Tische herumtanzen oder diese gleich komplett erobern. Sollten auch Tische nicht zugegen sein, eignet alles andere, was umtanzt werden kann, z.B. Straßenlaternen, Gullideckel, ausgeführte Hunde, der Papierkorb oder ein ausgewählter Pflasterstein. Wichtig nur: niemals einsam durch die Stadt ziehen und den Tanz um die Stange [bzw. die Alternativen] wagen, die Ausfallerscheinungen durch das Mittsommerfest sind ein kollektives Erlebnis!

[flash http://www.youtube.com/watch?v=LgqVjsaxbJ4]

Ich werde morgen einfach um meinen Kaffeepott tanzen, denn ein Schwede bin ich nicht, und kollektive Besäufnisse sind, auch im Jahre sechs hier in Schweden, nicht meine Sache. In diesem Sinne: Trevlig midsommar!

Sveriges nationaldag.

Sveriges flagga/Schwedens Flagge
Dem Anlaß entsprechend: die schwedische Flagge.

Auch wenn man heute fern in der deutschen Heimat dem Schuften frönt, so nutzt der gemeine Schwede den heutigen Tag zum Feiern, wir haben nämlich den nationalen Feiertag, Sveriges nationaldag, der jedes Jahr am 6. Juni gefeiert wird. Auf der einen Seite erinnert man sich der Krönung des Königs Gustav Wasa im Jahre 1523 und der damit verbundenen Auflösung des Staatenbundes Dänemark-Schweden (Schweden wurde also ein eigenständiger Staat), auf der anderen Seite nutzt man diesen Tag, um der schwedischen Flagge zu huldigen, die heute wirklich überall im Winde weht.

Nun denn, meiner einer ist ja nun noch nicht ein Vollschwede, daher läßt man diesen Tag meinerseits ruhig angehen, die Schweden hingegen geben Vollgas. So ist „Öppet hus“ im Könglichen Schloß, also freier Zugang zu fast allen öffentlichen Bereichen des Schlosses, es wird aber sicherlich verständlich sein, daß ich in meiner Freizeit nicht unbedingt in Lokalitäten einfalle, die ich sonst meinen deutschen Touristengruppen erkläre. Außerdem läuft der Schwede an solchen Tagen ja nicht nur einzeln auf, ganz im Gegenteil, am Schloß herrschte der kollektive Ausnahmezustand. Der herrscht allerdings auch bei einigen Schweden, die sommerliche Wärme und ein Feiertag laden zum Schlürfen und Süffeln ein – mag es ein Bier oder ein Wein sein. Die Ausfallrate ist dabei schon am frühen Nachmittag beträchtlich hoch, die U-Bahnfahrt durch die Stadt war recht putzig anzusehen. So herrschte Verwirrung über die zu benutzende Linie, das ausführliche Studieren der Linienkarten wollte bei einigen nicht mehr so recht klappen. Naja, die Schweden sind ja unter der Woche ein recht stilles Völkchen, aber wehe es ist ein Feiertag … rette sich wer kann!?! [Ich bin auf die Gesichter im morgigen Berufsverkehr gespannt, es wird wohl einiges Leid zu entdecken sein.]

Man kann den schwedischen Nationalfeiertag natürlich auch anders verbringen. Vorbildlich habe ich mich um neun aus dem Bett heraus gearbeitet, um nach einem leichten Frühstück eine gute Freundin aus Falun wiederzusehen. [Irgendwie nimmt das an Häufigkeit zu, also daß ich ehemalige Studienkollegen hier in Sthml wiedertreffe.] Wir haben uns auf Djurgården getroffen und einen Teil erkundet, den ich selber noch nicht kannte, >>> Rosendals Trädgård.


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Eine wirklich feine Anlage! Viele Farben, viel Grün, einige glückliche Hühner (die frank und frei umher hopsen) und ein paar Bienen. Allerdings war das mit Bienen diesmal so eine Sache, ein Schild wies darauf hin, daß diese „unruhig“ sein könnten, wurden sie doch erst jüngst umgezogen. Und das waren sie dann auch, selbst mit zehn Metern Abstand hatte man den halben Stock vor seinem Gesicht, der wirr hin und her flog. Ich fühlte mich leicht gestreßt, leicht. Dennoch kann ich von einem wunderbaren Tag berichten und drücke nun einfach mal die Daumen, daß die Woche sich weiter so positiv entwickeln wird, man hadert zuweilen in leichten Anflügen mit seinem Schicksal. Kommt eben vor.

Soweit der Stand der Dinge aus dem hohen Norden (mit verdammt hohen Temperaturen, man könnte meinen, ich tue das durchaus, es sei zu warm). Frohes Schaffen!

(weiterhin) statisch.

Ich kann aus dem hohen Norden im Moment eigentlich nicht viel neues verkünden, es hat sich hier eine gewisse Routine eingestellt, und das nicht nur wettermäßig. Kalt ist es hier weiterhin, in einigen Landesteilen, vor allem oben im Norden an der finnischen bzw. norwegischen Grenze, werden nachts Temperaturen zwischen 30 und 40 Grad Celsius erreicht, natürlich unter null. Der Ort Naimakka nördlich von Kiruna und direkt an der finnischen Grenze hat vor drei Tagen sogar einen neuen Rekord für das Jahr 2011 mit >>> -42,6 °C aufgestellt.


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Falun bietet im Moment nicht ganz so viel Frische, allerdings pendeln wir jeweils zwischen -10°C am Tage und -20°C in der Nacht. Und dann fallen hier und da immer wieder die Schneeflocken, es wiederholt sich alles wunderbar im Vierundzwanzigstunden-Rhythmus. Da macht auch die Küche in F-Down mal wieder keine Ausnahme, die Ausführung der täglichen Küchendienste gestaltet sich derzeitig mal wieder schwierig, es hapert vor allem an den Details in der Umsetzung, die von Dienst zu Dienst recht unterschiedlich sein kann. Da wird die Thunfischdose hin und wieder doch lebendig, wartet sie doch suppend mehrere Vierundzwanzigstundenzyklen vor sich hin. Daß Papier geduldig ist, erweist sich in unserem Falle als hervorragende Eigenschaft, weiß man doch nie, wann ihm der Weg nach draußen geebnet wird.

Spannend allerdings, so als Unterbrecher von statisch, wirkte sich ein kleiner Unfall in der Küche aus, der unserem Wasserkocher, denn ich übrigens am 8. September 2007  für unsere Küche erstand, die volle Breitseite gegeben hat, und der somit unerwartet über den Jordan ging. Ein nicht näher bekanntes Wesen hat es nämlich geschafft, einen heißen Rost, sozusagen frisch aus dem Ofen, auf des Wasserkochers Kabel abzulegen, was sich für diesen nachteilig auswirkte. Man konnte frank und frei auf das Innenleben gucken und den blanken, nackten Drähten bei ihrer Existenz zuschauen. Summa summarum nenne ich das einfach nur einen erneuten Kollateralschaden, auch wenn ich den Abgang des Wasserkochers natürlich bedauere, es war ein etwas teureres Modell, mich seine naturliche Lebensspanne schon interessiert hätte.

So sieht das also aus in Falun. Es sei vielleicht noch erwähnt, daß ich inzwischen, wie unbequem, Umwege zu gehen habe, will ich den örtlichen LIDL aufsuchen. Ich kann nämlich weder den Bürgersteig benutzen [dieser ist mit dem Schnee belegt, den man von der Straße geholt hat, Höhe: ca. 2 m] noch die Straßenseite wechseln [hier liegt der Schnee ungefähr ebenso 2 m hoch, ein „Übersteigen“ unmöglich], so daß ich nun erstmal die nächste freie Abfahrt benötige, die, eingerahmt von Schneebergen, einem den Weg weist. Wie gesagt, unbequem in Zeiten von wenig Zeit und frischen Temperaturen, aber nicht zu ändern.

Ich werde mich am Samstag einfach mal in den Bus setzen und dem Anto in Stockholm Gesellschaft leisten, Zeit wird es wieder, zwei Wochen sind seit dem letzten Mal ins Land gegangen. So verbleibe ich einfach mit einem freundlichen Gruß und wünsche jetzt und an dieser Stelle schon einmal: Schönes Wochenende!