[Stockholmer] Telegramm 7

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Die Zeit rennt, ich werde das Gefühl nicht los, sie tut es immer schneller. Verpaßt habe ich die Geburt der Thronfolgerin, die hier in Schweden natürlich hoch gefeiert wurde, selbst die Präsentation des Namens, Estelle Silvia Ewa Mary Prinzessin von Schweden und Herzogin von Östergötland, war ein Staatsakt. Mich persönlich hat das Ganze doch eher kalt gelassen, ich bin wohl nicht nicht Schwede genug, um in verzückte Raserei zu verfallen, passiert etwas am königlichen Hofe.

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Der Winter ist fort. Kein Schnee mehr weit und breit. Das war dieses Jahr einfach gar nichts. Zwei Wochen Schnee im Februar, der auch wirklich liegen blieb, alles andere nur angetäuscht und simuliert. Stellt sich nur die Frage, ob dies ein normaler milder Winter war, oder ob doch die Klimaerwärmung Schuld auf sich geladen hat. Nun denn, ich warte einfach auf den nächsten Winter …

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Ich glaube, was jetzt kommt, habe ich noch nie getan: Ich schwöre in Zukunft einer Fluggesellschaft ab. Anläßlich eines Geburtstages flog ich ja vor einer Woche gen Berlin. Mit SAS am Freitagabend geschwind hin, am Sonntag dann mit Ryanair zurück. Bei letzterem Flug ereignete sich folgendes: Rucksack war unter dem Sitz, Jacke im oberen Fach. Flugbegleiterin kommt: Jacke muß runter, Rucksack nach oben. Ich fragte nach, weil ich das nicht ganz verstand. Ihr Argument: Die Jacke ist ein Handgepäckstück, ich hätte aber noch meinen Rucksack, der müsse nach oben, die Jacke unter den Sitz. Meine Rückfrage: Der Rucksack nach oben, und die Jacke also unter den Sitz? Als Handgepäck? Seit wann gelte denn eine Jacke, die man anzieht, als Handgepäckstück? Antwort: Dies stünde eindeutig auf meinem Ticket [was ich bis heute bestreite], und wenn ich nicht aufhören würde, zu diskutieren, so würde sie den Piloten holen und mich rausschmeißen. Also: Rucksack nach oben, Jacke auf den Schoß. Nach dem wir dann auf dem Weg zur Startbahn waren, kam sie zurück und meinte, sie könne nun meine Jacke ins obere Fach legen, es käme keiner mehr.

Ich hätte ja die Androhung eines Rauswerfens noch verstanden, wenn ich torkelnd mit drei Koffern im Flugzeug aufgeschlagen wäre, aber daß eine Jacke als Handgepäckstück und eine Nachfrage als Diskussion gewertet werden, dies rechtfertigt dann doch die Wahl einer anderen Fluglinie. Und wie es der Zufall so will, habe ich auch Zeugen, die ich sogar kenne, nur für den Fall, Ryanair will mich wegen Rufschädigung verklagen.

So wird die Klassenreise nach Berlin der ultimativ letzte Anlaß für mich sein, mit den Iren zu fliegen, es wart schon gebucht, danach heißt es: NIE WIEDER RYANAIR!

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In diesem Sinne, das Leben wird doch nie langweilig! Soviel einstweilen aus dem hohen Norden.

… und der Gefrierer kann abschalten.

Nun kam er ja doch, der Winter. Mit Macht und leicht frostigen Temperaturen hat er Europa heimgesucht, aus Berlin wird mir die letzten Tage furchtbares gemeldet, tanzt das Thermometer doch waghalsig um die -10°C herum, anscheinend mit Freude, zum Leidwesen der Einheimischen.

Hier in Stockholm freut man sich meinerseits über morgendliche -18°C, ich gebe jedoch gern zu, es ist nicht das gleiche Gefühl wie in feuchter Schwüle am Mittelmeer bei 40°C. Und ja, es soll noch tiefergelegt werden, in der Nacht von Samstag zu Sonntag lockt der Wetterbericht mit -22°C in der Stockholmregion, das allerdings schlägt bei weitem nicht meine Tiefkühlerfahrungen in Falun – ich erinnere mich eines morgendlichen Spazierganges vom Studentenwohnheim zur Universität in frisch gewaschenen Jeans bei -33°C, im Januar 2007. Bis heute ist es mir nicht möglich, dieses Ereignis in Worte zu fassen.

Herausfordernd wäre natürlich eine Reise nach Nordschweden am heutigen Abend, bei der ein jeder haushaltsüblicher Tiefkühler einpacken könnte, er wäre einfach zu schwach, aber die zeitliche Not verhindert dies. Das Schicksal ist zwar immer der Meinung, daß ich tropische Temperaturen in Berlin auszuhalten habe, mache ich den Fehler und reise genau im Hochsommer dorthin [40°C plus sind schon vorgekommen], das Gegenteil jedoch, also ein antikaribischer Part, wird mir nicht gewährt.

So, wird Berlin angesichts von -15°C nochmals „furchtbar“ und „widerlich“ in die Welt schreien, so sollte doch die Zeit einer Strafversetzung nach >>> Lycksele, >>> Sorsele oder auch >>> Arvidsjaur im nächsten Winter gekommen sein, denn dort wird man heute abend über -15°C einfach nur lachen … und vielleicht sogar die Daumen für einen eventuellen, neuen Temperaturrekord drücken.

Väderprognos Norra Sverige, Lördag 2012/02/04, kväll
Wettervorhersage für Nordschweden, 4. Feb. 2012, abends.
Ausriß: >>> SMHI.se [2012/02/04]

[Stockholmer] Telegramm 6

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Verkehrte Welt: Berlin -4,3°C | Stockholm -1,9°C. Es liegt wenigstens Schnee, zumindest in den Außenbezirken. Der Wetterbericht orakelt, es könnte nächsten Sonntag -17°C werden, unter der Woche müsse sogar Schnee vom Himmel fallen. Ich traue >>> SMHI aber nicht über den Weg …

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Nun fliege ich doch tatsächlich mit den Schülern nach Berlin, die Flüge sind gebucht. Den Kürzeren haben Air Berlin [seit Mehdorn am Ruder ist, sind die Preise unverschämt] und SAS [bei denen man ja weder online noch am Telefon eine Gruppenreise buchen kann] gezogen. Nach Berlin wird Ryanair bemüht, zurück kriegen die Norweger von Norwegian Air Shuttle den Transportauftrag. Ich überlege eben, wann ich das letzte mal eine Klassenfahrt gemacht habe …

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Der deutsche Besuch am letzten Wochenende konnte im Übrigen Schnee genießen, man hatte diesen ja ausdrücklich bestellt. Duftes Dreiergespann sind wir gewesen, allerdings habe ich vom vielen H&M-Hopping immer noch Alpträume.

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Ansonsten nichts Neues aus dem hohen Norden. Es passiert einfach nichts – vom üblichen abgesehen. In diesem Sinne, einen schönen Sonntag da draußen!

[Stockholmer] Telegramm 5

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Der Winter hat sich bei mir äußerst unbeliebt gemacht, wir kommen hier kaum unter die null Grad, es sieht mit dem Schnee traurig aus, fatal möchte man meinen.

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In Schweden, genauso wie in Deutschland, geht es schon wieder los: Die Vorwahlen zum Eurovision Song Contest. Man kann sich davor nicht verstecken, weder in Deutschland noch in Schweden.

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Auch wenn ich gern und ohne Scheu mit >>> SAS fliege, so muß ich feststellen: Wie altbacken! Im April steht eine Klassenreise nach Berlin an, hierfür möchte man natürlich einen Gruppenrabatt beim Fluge erhaschen. Bei >>> Air Berlin und >>> Norwegian gibt es hierfür auf der Webseite Kontaktformulare, bei SAS tröten sie einem ins Telefon, man möge doch bitte in ein Reisebüro gehen, auf der Webseite und über das Call-Center ginge das nicht. Hmmm, bisher habe ich in Stockholm kein Reisebüro gefunden, das mir bei beinem Wunsche nach einer solchen Gruppenreise mit SAS nicht erklärte, sie würden über die normalen Buchungsmaschinen im Netz buchen, bei denen man ja max. 9 Personen gleichzeitig inkludieren kann. Eine Rückfrage bei SAS, welche Reisebüros gemeint sein könnten, ergab Schweigen im schwedischen Walde. Also so kommen wir nicht ins Geschäft, mina damer och herrar da bei SAS

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„Renke, wie peinlich, daß du unsere Grammatik besser weißt als wir …“ – Ist es. Wenn man als Schwede nicht mal den Unterschied zwischen Verb, Substantiv und Adjektiv weiß, dann wird das für mich eine grammatikalische Irrfahrt durch das deutsche Perfekt oder Präteritum, wir sprechen jetzt mal lieber nicht von Präpositionen, die den Dativ fordern. Aber wie sagte eine Kollegin neuerlich zu mir: Renke, Adverb und Adjektiv sind doch eigentlich dasselbe. Genau, entspricht sicher etwa der Aussage, ein Jumbo-Jet fliegt langsamer als ein fliegender Fisch. Wenn meine Schüler das sagten, gut, ich schluckte und würde eine schwedische Grammatikstunde anhängen, freiwillig, sie können ja nichts dafür. Aber wenn eine Kollegin das so kunterbunt und frank und frei raushaut, dann zuckt das im Hirn, ganz gewaltig!

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Sie hängen ihre Weihnachtsbeleuchtung einfach nicht ab!

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Rolltreppenfahren ist gefährlich in Stockholm … rette sich, wer kann!

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Kriegt erneut Besuch aus Deutschland, auf den er sich freut und beendet das Meckern an dieser Stelle. Alles kann hier ja nicht schlecht sein … sonst wäre er schon längst weg!